Urquhart Castle
Rekonstruktionszeichnung der vollständigen Anlage
Urquhart Castle ist eine Burgruine am Loch Ness, 21 Kilometer südwestlich von Inverness und 2 Kilometer östlich des Dorfes Drumnadrochit. Der Name Urquhart leitet sich von der aus dem 7. Jahrhundert stammenden "Airdchartdan" ab, was in etwa bedeutet: "auf der Einfriedung". Eine Einfriedung ist eine Anlage, die dazu bestimmt ist, ein Grundstück ganz oder teilweise zu umschließen und nach außen abzuschirmen.
Urquhart wurde im 13. Jahrhundert gegründet, ihre erste urkundliche Erwähnung stammt aus dem Jahr 1296, als die Burg von Edward I. von England erobert wurde. Es ist jedoch wahrscheinlich, dass es in Urquhart schon um 1229 eine Burg gab. In den 1300er Jahren spielte Urquhart eine wichtige Rolle im Kampf der Schotten um ihre Unabhängigkeit. Aber auch der Clan MacDonald, zu dieser Zeit der mächtigste Clan Schottlands, der große Teile der westlichen Küste und der vorgelagerten Inseln kontrollierte, eroberte die Burg gleich mehrfach. So wechselte die Burg zwischen der Krone und dem Clan hin und her. Der schottische König Jakob IV (englisch James IV) übergab Urquhart 1509 an die Familie Grant, zusammen mit der Anweisung, die Burg und das Anwesen zu restaurieren. Die Grants errichteten den Grant Tower, ein fünfstöckiges Turmhaus, irgendwann in den 1500er Jahren. Die Grants und die MacDonalds lieferten sich heftige Gefechte, letztlich holten sich die Grants die Burg wieder zurück und bauten sie bis zum Ende des 16. Jahrhunderts wieder auf.
1688 wurde König Jakob II von England und gleichzeitig Jakob VII von Schottland in der "Glorious Revolution" abgesetzt. Eine Truppe von 500 Jakobiten belagerten Urquhart. Die Grants und ca. 200 Soldaten konnten der Belagerung standhalten. Nach der endgültigen Niederlage der jakobitischen Hauptstreitmacht im Mai 1690 wurde die Belagerung beendet. 1692 wurde das hoch aufragende Torhaus absichtlich gesprengt, denn die Burg sollte nie wieder eine militärische Festung werden. Große Blöcke des eingestürzten Mauerwerks sind noch immer neben den Überresten des Torhauses zu sehen. Das Parlament gewährte dem Gutsherrn Ludovick Grant eine Entschädigung von 2000 schottischen Pfund für den Schaden. Das Geld wurde jedoch nie ausgezahlt und Urquhart wurde nie wieder instand gesetzt. Spätere Plünderungen des Mauerwerks und anderer Materialien zur Wiederverwendung durch Einheimische reduzierten die Ruinen weiter. Der Grant-Turm stürzte nach einem Sturm im Jahr 1715 teilweise ein. In den 1770er Jahren war die Burg ohne Dach und wurde nur noch als romantische Ruine betrachtet.
Im Jahr 1913 ging das Castle in die staatliche Obhut über und wird heute von der Historic Environment Scotland verwaltet. Diese Behörde kümmert sich um die Erhaltung und Pflege von archäologisch und historisch bedeutsamen Stätten in Schottland. Nach den Burgen von Edinburgh und Stirling ist Urquhart die am dritthäufigsten besuchte Sehenswürdigkeit von Historic Scotland.
Quelle: Wikimedia Commons
Während der Renovierungsarbeiten ab 1922 wurde eine große Sammlung von Relikten gefunden, darunter eine Bronzekanne aus dem 15. Jahrhundert, Münzen, Schmuck, Kreuze und andere Gegenstände aus dem 13. bis 17. Jahrhundert. Diese Objekte befinden sich zum größten Teil im National Museum in Edinburgh.
Urquhart ist eine der flächenmäßig größten Burgen in Schottland. Der ummauerte Teil der Burg hat in etwa die Form einer Acht, und ist etwa 150 mal 46 Meter groß. Die Anlage wurde in zwei Bereiche geteilt. Der nördliche Teil (Nether Bailey oder Unterer Burghof) umfasst die meisten der noch intakten Gebäude, darunter das Torhaus und den fünfstöckigen Grant Tower am Nordende der Burg. Der südliche Teil der Anlage (Upper Bailey oder Oberer Burghof), umfasst die spärlichen Überreste der früheren Gebäude. Die Anlage wurde durch einen bis zu 30 Meter breiten Graben und eine Zugbrücke gesichert.
Blick auf den nördlichen Teil (Nether Bailey) mit Grant Tower und Torhaus
Der Grant Tower ist kein Wehrturm oder Bergfried, denn diese wurden für verschiedene Wehrfunktionen und zu repräsentativen Zwecken gebaut und waren stets unbewohnt. Der Grant Tower wurde als Wohnturm errichtet. Es sollte ein komfortables Haus werden, obwohl die die Gutsherren von Urquhart oft abwesend waren und sich in ihren anderen Schlössern aufhielten. Die Grants bauten ihn nach 1509. Er steht auf einem soliden Fundament aus dem 14. Jahrhundert. Er misst 12 mal 11 Meter, hat bis zu 3 Meter dicke Mauern und hatte ursprünglich fünf Stockwerke. Die Südwand stürzte bei einem Sturm im Jahr 1715 ein.
Ein Raum im Keller des Torhauses wurde in den 1500er Jahren in eine Trocknungsanlage für Getreide umgewandelt. Das getrocknete Getreide wurde dann zu Mehl gemahlen, um Brot herzustellen. Eine weitere Trocknungsanlage befindet sich außerhalb der Burgmauern. Es waren im Wesentlichen vier Bauerndörfer auf der Anhöhe über der Burg, die Urquhart mit Nahrungsmitteln versorgten. Das Taubenhaus (doocot) wurde um 1500 gebaut, um in den harten Wintermonaten auf frisches Fleisch und Eier zugreifen zu können. Vier der steinernen Nistkästen sind noch erhalten. Alles, was die Burg von außerhalb benötigte, kam durch das Wassertor, einschließlich exotischer Importe wie Orangen und Wein. Aber das Wassertor war auch eine Schwachstelle der Anlage, die möglichen Angreifern einen alternativen Zugang zur Anlage bieten könnte. Es gab ein Gebäude, das nur von außerhalb der Burg zugänglich war, möglicherweise wurde es zum Trocknen von Segeln oder Netzen genutzt.
Urquhart Castle wird gerne als Puzzlespiel bezeichnet, bei dem die meisten Teile fehlen. In den letzten 1500 Jahren wurden die Mauern mehrmals abgerissen und neue aufgerichtet. Die Holzgebäude sind vollständig verrottet. Dächer und Mauerwerke wurden geplündert. Die wenigen Reste lassen kaum sichere Rückschlüsse auf die Nutzung der Gebäude zu. Nachdem die Burg in staatliche Obhut übergegangen war, wurden die Ruinen zwischen 1912 und 1922 von Schutt befreit und einsturzgefährdete Mauern gefestigt. Leider sehr unsachgemäß, wodurch auch die letzten noch verbliebenen Hinweise auf die Vergangenheit von Urquhart weitgehend zerstört wurden. Erschwerend kommt hinzu, dass es so gut wie keine zeitgenössischen Aufzeichnungen über die lange Geschichte Urquharts gibt. Hier noch drei Beispiele für die wenigen erhaltenen Mauerreste.
Das Besucherzentrum wurde in die Böschung unterhalb der Straße eingelassen und verfügt über Parkplätze auf dem Dach des Gebäudes.
Das Trebuchet ist ein Nachbau, da keine Originale das Mittelalter überlebt haben. Es gibt keine Beweise dafür, dass Trebuchets tatsächlich gegen Urquhart eingesetzt wurden. Es wurden aber 11 grob behauene Steinkugeln gefunden, die möglicherweise vor 700 Jahren während der Unabhängigkeitskriege als Wurfgeschosse verwendet wurden. Der englische König Edward I. setzte häufig Belagerungsmaschinen gegen schottische Burgen ein.
Blick auf das Besucherzentrum
Trebuchet
Ein Trebuchet ist eine Belagerungsmaschine, mit der Angreifer versuchen, die massiven Mauern einer Burg zu durchbrechen. Das größte jemals gebaute Exemplar ist der Warwolf, beauftragt von König Eduard I. von England im Rahmen der Belagerung von Stirling Castle im Jahr 1304. Die Maschine soll so groß gewesen sein, dass sie in zerlegtem Zustand dreißig Wagenladungen umfasste. Fünf Zimmermeister und 49 weitere Arbeiter benötigten drei Monate, um sie aufzubauen. Die schottischen Verteidiger von Stirling Castle waren vom Anblick des Warwolfs so eingeschüchtert, dass sie ihre Kapitulation anboten, die Eduard I. ablehnte, bevor er den Warwolf nicht getestet hatte. Nachdem einige 140 kg schwere Geschosse zielgenau eine große Bresche in die Ringmauer von Stirling Castle schlugen und erheblichen Schaden anrichteten, wurde die Kapitulation angenommen.
Da es nur wenige Aufzeichnungen über den Warwolf gibt, zumeist nur zeitgenössische Bilder mit unrichtigen Maßstäben, wurden in einem Versuch zwei Versionen des Warwolfs nachgebaut. Ziel war, die Funktionsweise und die Wirksamkeit zu erproben. Version 1 vor Caerlaverock Castle getestet. Als Gegengewicht wurde ein mit Erde und Steinen gefüllter Korb verwendet. Version 2, hier in Urquhart Castle, nutzte Metallplatten als Gegengewicht. Beide Varianten schafften es, eine eigens für dieses Experiment nachgebaute Burgmauer auf eine Entfernung von etwa 200 Metern nachhaltig zu beschädigen. Durch systematisches Beschießen der gleichen Stelle wäre die Mauer schließlich in sich zusammengebrochen. Das Zielen und das Einstellen der Wurfentfernung konnte recht genau durch Modifizierungen an den Geräten vorgenommen werden. Version 1 war wohl die bessere Variante, weil sich das Gegengewicht in Form von Steinen oder Erde viel leichter tarieren ließ, als das Modell mit den Metallplatten. Zudem mussten Metallplatten in den Schlachten umständlich und zeitraubend gegossen werden, während Erde und Steine überall vorhanden sind und leicht in den Korb gefüllt werden konnten.
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