Stonehenge
Archäologen gehen davon aus, dass Stonehenge in mehreren Phasen von etwa 3100 bis 1600 v. Chr. errichtet wurde. Der äußere Kreis bestand ursprünglich aus 30 senkrecht stehenden Sarsensteinen, die zwischen 2600 und 2400 v. Chr. zu einem Kreis mit einem Durchmesser von 33 Metern aufgestellt wurden. Siebzehn Pfosten stehen noch in ihrer ursprünglichen Position, sieben sind noch vorhanden, aber umgestürzt, und sechs fehlen. Auf die senkrechten Steine wurden Sturzsteine gelegt und mit Nut und Feder aneinandergefügt. Sechs Türstürze stehen noch auf ihren Stützpfeilern, zwei umgestürzte Exemplare liegen auf dem Boden und 22 fehlen. Man geht davon aus, dass sowohl die fehlenden Pfosten, als auch die fehlenden Stürze im Altertum geraubt wurden.
Jeder Stein wurde eindeutig mit Blick auf den endgültigen visuellen Effekt bearbeitet, so wurden die Sturzsteine leicht gebogen, um das kreisförmige Aussehen des Rings zu unterstützen. Die Höhe der Pfosten variiert, um das natürliche Gefälle des Bodens auszugleichen und sicherzustellen, dass die Decksteine waagerecht liegen.
Innerhalb des äußeren Kreises befanden sich 5 Trilithen (oder Trilithons), ebenfalls aus Sarsensteinen gebaut. Sie wurden angeordnet in Form eines Hufeisens, wobei die Öffnung des Hufeisens in nordöstlicher Richtung zum Heel Stone weist, also Richtung Sonnenaufgang zur Sommersonnenwende. Ein Trilith, aus dem Altgriechischen "tri" (drei) und "lithon" (Stein), ist ein Torbau oder Durchgang, der aus genau drei Elementen besteht, zwei vertikalen Tragsteinen und einem darauf liegenden Deckstein. Ein Trilith ist immer freistehend, d.h., es gibt keine Verbindung zu anderen Bauelementen.
Im Zentrum befindet sich der Altarstein. Der fünf Meter lange und rund einen Meter breite Block aus Sandstein liegt heute quer unter zwei größeren Sarsensteinen im Zentrum der Anlage und ist kaum noch zu sehen. Ob er einst aufrecht stand, ist unbekannt. Im August 2024 wurde ein erstaunliches Ergebnis präsentiert: Der Altarstein stammt aus Schottland und musste über 750 Kilometer weit transportiert werden. Die Archäologen vermuten, dass er auf dem Seeweg transportiert wurde, zunächst auf dem Meer entlang der Ostküste Großbritanniens, dann über die Themse und andere Flüsse bis in die Nähe von Stonehenge (vgl. A Scottish provenance for the Altar Stone of Stonehenge).
Stonehenge
Zwischen dem äußeren Kreis und den 5 Trilithen befindet sich ein Ring aus Blausteinen. Diese Steine stammen aus Wales und wiegen zwischen 2 und 4 Tonnen. Mit Hilfe experimenteller Archäologie wurde 2012 der Beweis erbracht, dass die steinzeitliche Seefahrt durchaus in der Lage gewesen sein könnte, einen Blaustein durch den Bristolkanal und den River Avon zu verschiffen.
Lageplan der Steine (Quelle: Wikipedia)
1 bis 30 Sarsensteine (äußerer Ring)
31 bis 49 Blausteine
51 bis 60 Sarsensteine (Trilithen)
80 Altarstein
Sarsenstein
Sarsensteine sind Sandsteinblöcke, die u.a. auf der Hochebene von Salisbury vorkommen. Das englische Wort sarsen ist eine Verkürzung von "Saracen stone", das im Dialekt von Wiltshire entstanden ist. Im Mittelalter wurde „Saracen“ im weiteren Sinne für alles verwendet, was als nicht-christlich galt. Es handelt sich also - wörtlich übersetzt - um heidnische Steine.
Die Sarsensteine stammen aus einem Steinbruch etwa 26 km nördlich von Stonehenge und könnten auf dem Landweg unter relativ niedrigem Aufwand transportiert werden, wenn man sie auf einer Gleis-ähnlichen Trasse aus runden Balken zieht.
Der Heel Stone (oder Friar's Heel) ist ein 35 Tonnen schwerer Sarsenstein. Er ragt 4,70 Meter hoch, etwas mehr als ein weiterer Meter ist im Boden vergraben. Er steht außerhalb des Steinkreises einsam in einem kleinen, kreisförmigen Graben, etwa 77 Meter vom Zentrum des Kreises entfernt. Er wurde nicht bearbeitet und enthält auch keine Werkzeugspuren. Archäologen haben links vom Heel Stone ein großes Steinloch gefunden, in dem sich möglicherweise ein Partnerstein befand. Stellt man sich in die Mitte des Steinkreises, hätten die beiden Steine den Sonnenaufgang zur Sommersonnenwende eingerahmt.
Stone 56 ist der einzige noch erhaltene Pfosten des höchsten Trilithons an der Spitze des inneren Hufeisens. Er steht genau in einer Linie mit dem Heel Stone.
Es ist mit 6,55 Metern der höchste Stein, inklusive des Zapfens beträgt die Höhe sogar 6,88 Meter.
In dem umgestürzten Deckstein sind Löcher vorhanden, in die der Zapfen passt. Die zahlreichen Zapfenverbindungen in Stonehenge lassen vermuten, dass die Erbauer entsprechende Kenntnisse aus der Holzverarbeitung hatten, denn mit ihrer Hilfe kann die Stabilität komplexer Konstruktionen erheblich verbessert werden.
Das Besucher- und Ausstellungszentrum ist ca. 2 Kilometer vom Steinkreis entfernt. Von hier aus kommt man zu Fuß oder mit einem Pendelbus zu den Steinen.
Am Besucherzentrum wurden Hütten nachgebaut, die eng an die Überreste neolithischer Häuser angelehnt sind. Diese wurden bei Ausgrabungen in Durrington Walls entdeckt, einer großen zeremoniellen Erdwallanlage, die etwas mehr als eine Meile nordöstlich von Stonehenge liegt. Die Häuser waren nicht als dauerhafte Siedlungen gedacht. Man vermutet, dass man sich hier zu Festlichkeiten traf und um Rituale abzuhalten. Möglicherweise haben Menschen hier gewohnt, die in Stonehenge gearbeitet haben.
Die Erbauer von Stonehenge haben keine schriftlichen Aufzeichnungen hinterlassen. Es ist daher nicht überraschend, dass es verschiedene Theorien über Bau und Verwendungszweck gibt, die sich teilweise ergänzen und teilweise widersprechen.
Anfang des 20. Jahrhunderts stellte der britische Astronom Joseph Norman Lockyer (1836-1920) fest, dass der Heel-Stone auf den Sonnenaufgang zur Sommersonnenwende ausgerichtet ist. Die Annahme, dass es sich bei Stonehenge um eine Art frühzeitlichen Kalender handelt, konnte der britische Archäologe Timothy Darvill 2022 präzisieren (siehe Keeping time at Stonehenge). Demnach basiert Stonehenge auf einem tropischen Sonnenjahr von 365,25 Tagen. Jeder der 30 Sarsensteine im äußeren Kreis steht für einen Tag innerhalb eines Monats, der wiederum in drei Wochen zu je zehn Tagen unterteilt ist. Besonders markante Steine im Kreis markieren jeweils den Beginn einer Woche. Nach zwölf Durchläufen des Steinkreises ist ein Jahr abgeschlossen, allerdings nur mit 360 Tagen. Um eine Übereinstimmung mit den tatsächlichen 365,25 Tagen des Sonnenjahrs herzustellen, musste ein Schaltmonat von fünf Tagen hinzugefügt werden. Dazu dienen die hufeisenförmig angeordneten fünf Trilithen im Zentrum. Jetzt fehlen noch immer 0,25 Tage, die durch vier Stationssteine außerhalb des Steinkreises abgedeckt wurden. Diese vier Steine bilden ein relativ genaues Rechteck von 80 × 30 Metern. 2 Stationssteine sind noch erhalten, die leeren Sockel der beiden anderen sind bekannt.
Die Menschen, die Stonehenge bauten, waren Bauern, Hirten und Viehzüchter. Der Wechsel der Jahreszeiten war für sie von immenser Bedeutung, denn die Jahreszeiten bestimmten, wann und was sie anbauen konnten. Möglicherweise war Stonehenge auch in spiritueller Hinsicht bedeutsam, also mehr als nur ein Kalender. Mittsommer und Mittwinter könnten wichtige Ereignisse gewesen sein, um der Toten zu gedenken oder um eine Sonnengottheit zu verehren. Es ist bekannt, dass sich die Menschen in Durrington Walls, der Siedlung nordwestlich von Stonehenge, zum Mittwintermahl versammelten. An den Schweineknochen, die dort in Gruben und auf Müllhalden gefunden wurden, lässt sich erkennen, dass die meisten Schweine in der Winterzeit getötet wurden. Chemische Analysen dieser tierischen Überreste ergaben, dass sie aus ganz Britannien stammten und bei riesigen Festmahlen verzehrt wurden. Demnach kamen Menschen in der Mitte des Winters in großer Zahl zusammen. Aber warum im Winter, wenn der Boden fest gefroren ist, die Nächte lang und die Tage kalt sind und die Vorräte langsam zur Neige gehen? Vermutlich, weil es genau jetzt wichtig ist, die Sonne zu ehren, um ihre Rückkehr zu gewährleisten. Wenn ab jetzt die Sonne nach Norden wandert, werden die Tage länger und die Wärme kehrt zurück.
Der walisische Megalithkreis von Waun Mawn hat vergleichbare Dimensionen wie Stonehenge und ist ähnlich zur Sonne ausgerichtet. Er wurde vor 5.000 bis 5.600 Jahren erbaut, also noch vor dem Bau von Stonehenge. Untersuchungen lassen vermuten, dass die Erbauer von Waun Mawn das Monument vor 5.000 abbauten und die Blausteine in das rund 280 Kilometer entfernte Stonehenge mitnahmen. Diese Blausteine waren weder klassisches Baumaterial noch Schmuckstücke. Es sind Monumente des Gedenkens an die Ahnen, um die Erinnerungen an die Toten für die Ewigkeit lebendig zu halten. Daher war es wichtig, dieses Gedenken nicht in Wales zurückzulassen, sondern mitzunehmen.