Skara Brae
Skara Brae liegt in der Bucht von Skaill an der Westküste von Mainland. Datiert wird sie in die Zeit zwischen 3100 und 2500 v. Chr.
Die Stätte ist älter als Stonehenge und die großen Pyramiden von Gizeh und wurde wegen ihres hervorragenden Erhaltungszustands gerne als "schottisches Pompeji" bezeichnet.
Skara Brae Grundriss
Entdeckt wurde Skara Brae eher zufällig. Im Winter 1850 wurde Schottland von einem schweren Sturm heimgesucht, der große Schäden anrichtete und über 200 Todesopfer forderte. In der Bucht von Skaill riss der Sturm die Erde von einer großen unregelmäßigen Anhöhe ab, die als Skara Brae bekannt ist. Als sich der Sturm legte, fanden die Dorfbewohner die Umrisse eines Dorfes, das aus mehreren kleinen Häusern ohne Dächer bestand. William Graham Watt, der 7. Laird von Skaill House, begann mit amateurhaften Ausgrabungen, doch nachdem vier Häuser freigelegt worden waren, stellte er die Arbeiten 1868 wieder ein. Die Stätte blieb bis 1913 ungestört, als Plünderer an einem einzigen Wochenende eine unbekannte Menge von Artefakten entnahmen. 1924 fegte ein weiterer Sturm einen Teil eines Hauses weg. Danach wurde beschlossen, die Stätte zu sichern und durch die Universität von Edinburgh professionell untersuchen zu lassen. Heute werden die bedeutendsten Kulturdenkmale auf Orkney unter der Bezeichnung "The Heart of Neolithic Orkney" gelistet. Ihnen wurde 1999 der Status als Weltkulturerbe von der UNESCO zuerkannt, darunter auch Skara Brae.
Zu sehen sind die Überreste von 10 Gebäuden. Angesichts der Anzahl der Häuser ist davon auszugehen, dass in Skara Brae zu keiner Zeit mehr als fünfzig Menschen lebten. Die Häuser waren in den Boden eingelassen, in Hügeln aus prähistorischem Abfall aus Nahrungsresten wie Muschelschalen und Schneckengehäusen. Das verlieh den Häusern Stabilität und diente auch als Isolierung gegen das raue Winterklima. Im Durchschnitt ist jedes Haus 40 Quadratmeter groß und verfügt über einen großen quadratischen Raum mit einer steinernen Feuerstelle, die zum Heizen und Kochen diente. Es gibt Hinweise darauf, dass die Bewohner in großem Umfang getrockneten Seetang in ihren Feuerstellen verbrannten.
Die Häuser verfügten über aus Stein gefertigte Möbel, wie Schränke, Kommoden, Sitze und Aufbewahrungsboxen. Jede Wohnung wurde durch eine niedrige Steinplattentür betreten, die mit einer Stange verschlossen werden konnte. Ein primitives Abwassersystem mit "Toiletten" und Abflüssen in jedem Haus sorgte dafür, dass Abfälle ins Meer gespült wurden.
Skara Brae Haus 8
Sieben Häuser sind mit ähnlichen Möbeln ausgestattet, wobei die Betten und die Kommode in allen Häusern an der jeweils gleichen Stelle stehen. Die Kommode steht an der Wand gegenüber der Tür und ist das erste, was jeder sieht, der die Wohnung betritt. Ein größeres Bett befand sich auf der rechten Seite der Tür und ein kleineres auf der linken Seite.
Haus 8 hat keine Aufbewahrungsboxen oder Kommoden. Es ist stattdessen in kleine Kabinen unterteilt. Es wurden Stein-, Knochen- und Geweihfragmente ausgegraben, die darauf hindeuten, dass das Haus möglicherweise zur Herstellung von Werkzeugen wie Knochennadeln oder Feuersteinäxten verwendet wurde. Das Vorhandensein von hitzegeschädigtem Vulkangestein und etwas, das ein Schornstein zu sein scheint, unterstützen diese Interpretation. Zudem ist es ein freistehendes Gebäude, das nicht von einem Hügelgräberfeld umgeben ist.
Um Skara Brae wurden Rinder, Schafe oder Ziegen und Schweine gehalten. Zudem wurde Gerste angebaut und wohl auch Brot gebacken. Ein einfacher Pflug, Arl genannt, war bereits bekannt.
Darüber hinaus lebten die Bewohner von Wild, Fischfang, Seevögeln bzw. deren Eiern und den Sekundärprodukten der Viehhaltung wie Käse und Milch. Es wurde eine Werkstatt gefunden, in der lokale Steine verarbeitet wurden, beispielsweise zu Carved Stone Balls. Das sind aufwändig geschnitzte Steinkugeln mit einem Durchmesser von 70 bis 110 mm und zumeist versehen mit vier bis sechs Noppen. Diese Kugeln könnten Statussymbole gewesen sein, möglicherweise auch Keulenköpfe. Gefunden wurde auch spezielle Keramik, die als "Grooved Ware" bezeichnet wird. Das sind Töpfe mit flachem Boden, nach außen abfallenden Seiten und einer gerillten Verzierung auf der Oberseite. Die Grooved-Kultur wurde nicht vom Kontinent importiert, sondern scheint sich zu Beginn des 3. Jahrtausends v. Chr. auf den Orkney Inseln entwickelt zu haben und wurde bald darauf in Großbritannien und Irland übernommen.
Um einen realen Eindruck vom Leben vor 5000 Jahren zu ermöglichen, wurde eine Replik von Haus 7 erstellt. Im Innenraum sind die typischen Alltagsgegenstände aus dieser Zeit zu sehen. In der Mitte des Raums befindet sich die Feuerstelle.
Es gibt verschiedene Theorien darüber, warum die Bewohner von Skara Brae die Siedlung verließen. Um 2500 v. Chr. änderte sich das Klima. Als es viel kälter und feuchter wurde, könnte die Siedlung von ihren Bewohnern aufgegeben worden sein. Eine andere Theorie vermutet, dass die Bewohner von einem Sturm überrascht wurden und fluchtartig die Siedlung verließen.
Im Jahr 2019 wurde eine Risikobewertung durchgeführt, um die Anfälligkeit der Stätte für den Klimawandel zu beurteilen. Der Bericht von Historic Environment Scotland, dem Orkney Islands Council und anderen kommt zu dem Schluss, dass Skara Brae aufgrund des steigenden Meeresspiegels, verstärkter Regenfälle und anderer Faktoren "extrem anfällig" für den Klimawandel ist. Zudem könnte die Siedlung durch einen ungewöhnlich starken Sturm zerstört werden.
Skaill House
In unmittelbarer Nähe von Skara Brae befindet sich Skaill House. Dieses Herrenhaus ist seit 1977 als Gebäude von besonderem architektonischem oder historischem Interesse in der schottischen Denkmalliste verzeichnet. Die Bezeichnung Skaill leitet sich von dem altnordischen Ausdruck für „Halle“ ab. Auch die Namen aller umliegenden Höfe sind aus dieser Sprache abgeleitet. Es wird vermutet, dass das Land seit über tausend Jahren dauerhaft besiedelt ist. Der Südflügel des Hauses steht auf einem vornordischen Gräberfeld.
Heute liegt Skaill House näher am Meer als früher. Auf einer Karte aus dem Jahr 1772 ist das Haus genau auf halber Strecke zwischen der Bucht von Skaill und dem Süßwassersee von Skaill eingezeichnet. Größe und Form der Bucht haben sich im Laufe der Jahrhunderte verändert. Die Ruine einer wassergetriebenen Getreidemühle, die im 18. Jahrhundert für das Anwesen gebaut wurde, stand bis in die 1980er Jahre am Ufer der Skaill-Bucht, bis die Küstenerosion ihren Abriss erforderlich machte.
Das Haus wurde 1620 von Bischof George Graham als einfaches Herrenhaus gebaut. Er starb 1643 im Alter von 78 Jahren. Sein Sohn John wurde der erste Laird von Skaill House. Das Anwesen wurde seither über 12 Generationen hinweg von derselben Familie bewohnt. Der 7. Laird war William Graham Watt. Er entdeckte Skara Brae nach einem Sturm im Jahr 1850 und grub 4 Häuser in dem neolithischen Dorf aus. Colonel Henry William Scarth, der 11. Laird, war der letzte Laird, der noch selbst in dem Haus lebte. Danach ging das Anwesen an den heutigen Besitzer, Major Malcolm Macrae, den 12. Laird über. Er erbte das Haus 1991, ließ es restaurieren und machte es im Juni 1997 der Öffentlichkeit zugänglich.
Heute können die Besucher das Haus im Zustand der 1950er Jahre erleben, einschließlich der vielen Gegenstände, die die Familie über Generationen angesammelt hat. Außerdem gibt es eine Falknerei und das Haus kann für Konferenzen oder Events gebucht werden. Auch Appartements können gemietet werden. Aber Vorsicht. Es gibt zahlreiche Geschichten über die Geister von Skaill House. Man versichert aber, dass die Geister freundlich sind. Das liegt möglicherweise am Skaill House Gin, der zum 400-jährigen Bestehen von Skaill House auf den Markt gebracht wurde.
Die Umgebung von Skaill House ist geprägt von der Viehzucht. Hier wird u.a. das Aberdeen Angus gehalten, eine Rinderrasse, die erstmals um 1870 in Ostschottland gezüchtet wurde. Diese Rinder sind meist einfarbig schwarz, hornlos und relativ kurzbeinig. Mittlerweile gibt es auch weiße Exemplare. Das sind aber keine reinen Angusrinder, sondern Mischlinge, die genetisch zu drei Vierteln aus schwarzen Angusrindern bestehen, aber ein weißes Haarkleid und dunkle Haut haben. Das verbleibende Viertel ist eine Kombination aus schwarzem Angus, Charolais, Brahman und Simmental. Das weiße Kalb könnte ein solcher Mischling sein.