Kirkwall

Historische Gebäude und faszinierende Geschichten aus Kirkwall, dem Hauptort der schottischen Insel Mainland

Kirkwall liegt auf der Insel Mainland und ist mit rund 9.000 Einwohnern der größte Ort der Orkney Inseln und gleichzeitig deren Verwaltungszentrale. Erstmals erwähnt wurde die Stadt 1046 in der "Orkneyinga Saga", der Geschichte der ersten norwegischen Jarle auf Orkney. Jarl ist ein Fürstentitel, verwandt mit dem englischen Earl und vergleichbar mit dem deutschen Graf. Der Name des Ortes lautete ursprünglich „Kirkjuvágr“, was „Kirchenbucht“ bedeutet. Später wurden daraus Kirkvoe, Kirkwaa und Kirkwall.

St Magnus Cathedral

Die Sankt Magnus Kathedrale, auch bekannt als das "Licht im Norden", wurde ab 1137 im Auftrag von Graf Rognvald erbaut. Ziel war, eine prächtige Gedenk- und Pilgerstätte zu Ehren seines Onkels Magnus Erlendsson, Earl of Orkney zu erschaffen, der um 1117 auf Befehl seines Cousins Graf Haakon durch einen Axthieb auf den Kopf ermordet und später zum Märtyrer (Sankt Magnus) erklärt wurde.

Karte
Kirkwall

Sankt Magnus Kathedrale
Sankt Magnus Kathedrale

Altar mit Wikingerschiff
Altar mit Wikingerschiff

Blick in das Mittelschiff
Blick in das Mittelschiff

Auf einem Altar steht ein hölzernes Schiff, das an die Wikingerzeit erinnert. Die drei Standbilder im Hintergrund zeigen (von links nach rechts) Kol Kalison (Rognvalds Vater), Graf Rognvald (er trägt die Kirche) und William the Old (1102-1168), der seinerzeit Bischof in Kirkwall war und den Bau von Bishop's Palace beauftragte. Die Gebeine von Magnus und die von Rognvald liegen in den Säulen des Chors.

Die gesamte Bauzeit betrug ca. 300 Jahre. Der Chor aus dem 12. Jahrhundert ist der älteste Teil. Die Kapelle stammt aus dem 13. Jahrhundert, der heutige Eingang und kleinere Anbauten wurden im 14. und frühen 15. Jahrhundert ergänzt. Schmuckelemente aus Stein wurden in zwei verschiedenen Farben gebaut, zum Beispiel die Fenster- und Torbögen. Dazu nutzten die Bauherren gelben Sandstein, der von der Insel Eday stammt und roten Sandstein, der in der Nähe Kirkwalls abgebaut wurde. An der Südwand befand sich ein Kerker, der als Marwick's Hole bekannt ist und wahrscheinlich aus dem 16. Jahrhundert stammt. Es gibt Aufzeichnungen über die Inhaftierung von Männern und Frauen bis ins 18. Jahrhundert hinein. Der Kerker ist nicht der einzige Beweis für eine Verbindung zwischen Kathedrale und Bestrafung. Im südlichen Triforium befindet sich die alte Henkersleiter, die am Galgen in Kirkwall verwendet wurde. Es ist eine Doppelleiter. Es heißt, dass eine Seite der Leiter stärker abgenutzt sein soll als die andere, weil die von den Verurteilten begangene Seite nur in eine Richtung Verwendung fand.

Entlang der nördlichen und südlichen Seitenschiffe befinden sich zahlreiche interessante Grabsteine, die sich ursprünglich auf Gräbern im Mittelschiff befanden. Im 19. Jahrhundert wurden die Gräber aufgelöst und die Gebeine auf dem Friedhof beigesetzt. Um die Grabsteine zu schützen und zu bewahren, wurden sie an den Wänden aufgestellt.

Sie geben einen Einblick in die Gedankenwelt der Menschen aus dem sechzehnten und siebzehnten Jahrhundert. Der Grabstein von John Richen enthält eine Kurzform der Familiengeschichte: "Hier ruht der Leichnam eines frommen und tugendhaften Mannes, John Richen, freier Händler in Kirkwall, der mit Janet Loutit verheiratet war und mit ihr 8 Kinder hatte, nämlich John, Robert, Margaret, Isabell, Catharn und Jean Richen, aber William und James Richen gingen vor ihrem Vater in den Genuss der himmlischen Herrlichkeit, gestorben am 2. Januar 1666, gestorben am 6. Februar 1679 im Alter von 35 Jahren."

Häufig wurden die Grabsteine mit zahlreichen Symbolen versehen, u.a. mit Wappen, Symbolen zum Thema Tod (Stundengläser, Schädel, Knochen oder ganze Skelette) und die von den Totengräbern benutzten Werkzeuge, wie Spaten und Torfstechgeräte.

Der älteste Grabstein stammt vermutlich aus dem 13. Jahrhundert und weist möglicherweise auf einen Kreuz- oder Tempelritter hin.

Grabstein
Grabstein
John Richen

Grabstein
Grabstein
aus dem 13. Jahrhundert


Bishop's Palace

Etwa zeitgleich mit der Kathedrale wurde Bishop's Palace errichtet. Der Palast wurde von Bischoff William the Old in Auftrag gegeben und war jahrhundertelang der offizielle Sitz der Bischöfe von Orkney. Von 1541 bis 1558 war Robert Reid Bischof von Orkney. Er baute den Palast um und fügte den vierstöckigen Rundturm hinzu, in dem sich die Privaträume des Bischofs befanden. Im dreistöckigen Hauptgebäude gab es eine große Festhalle, ein Lager für Lebensmittel und Wein. Die oberen Kammern wurden für Gästeunterkünfte genutzt.

1568 gingen die Orkney Inseln und damit auch Bishop’s Palace in den Besitz von Robert Stewart, den 1. Earl of Orkney über. Nach seinem Tod im Jahr 1593 übernahm seinen Sohn Patrick Stewart, der 2. Earl of Orkney den Besitz. Er betrachtete Bishop’s Palace allerdings nicht als einen für ihn angemessenen Wohnsitz und veranlasste den Bau einer neuen Residenz: Earl's Palace.

Der Turm von Bishop's Palace
Der Turm von Bishop's Palace,
vom Friedhof aus betrachtet

Der Turm von Bishop's Palace
Der Turm von Bishop's Palace,
vom Innenbereich betrachtet

Innenbereich Bishop's Palace
Innenbereich von Bishop's Palace
mit Blick auf die Sankt Magnus Kathedrale


Earl's Palace

Patrick Stewart gilt als einer der tyrannischsten Adligen in der Geschichte Schottlands. Er beschloss, seinen neuen Wohnsitz auf einem benachbarten Grundstück zu erreichten, dummerweise besaß er dieses Grundstück aber nicht. Kurzerhand erhob er gegen den Besitzer eine Anklage wegen Diebstahls, stellte ihn vor Gericht und ließ ihn hinrichten. Der neue Palast entstand zwischen 1601 und 1607 und wurde größtenteils durch Zwangsarbeit realisiert. Es entstanden eine große Halle im ersten Stock, kunstvoll gestaltete Treppenhäuser, großzügige Gästezimmer, riesige Kamine und Unterkünfte für das Personal. Seine finanzielle Misswirtschaft und seine Brutalität gegenüber der örtlichen Bevölkerung führten dazu, dass Patrick Stewart 1609 vor den Geheimen Rat geladen und anschließend zunächst in Edinburgh Castle und dann in Dumbarton Castle inhaftiert wurde. Unmittelbar nach seiner Inhaftierung beauftragte er seinen unehelichen Sohn Robert, auf den Orkney Inseln eine Rebellion zu seinen Gunsten anzuzetteln. Diese wurde jedoch vom Grafen von Caithness niedergeschlagen, der den Palast fünf Wochen lang belagerte und durch 140 Kanonenschüsse teilweise zerstörte. Nun wurde auch Robert inhaftiert, nach Edinburgh gebracht und hingerichtet. Da Vater und Sohn den Aufstand gemeinsam geplant hatten, wurde auch Vater Patrick verurteilt und am 6. Februar 1615 in Edinburgh enthauptet. 

Nach 1615 diente Bishop’s Palace sporadisch als Residenz der Bischöfe von Orkney, bis er 1688 in den Besitz der Krone überging und im 18. Jahrhundert verfiel. 1920 gelangten beide inzwischen völlig zerfallenen Gebäude in Staatsbesitz. Die Ruinen wurden aufbereitet und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Sie gelten heute als geschützte archäologische Stätte (scheduled monument).

Earl's Palace
Earl's Palace

Lagerraum im Earl's Palace
Ein Lagerraum, die Fensternischen sind mit Geschützlöchern für Musketen ausgestattet

Feuerstelle im Earl's Palace
Blick aus der Küche
auf die Feuerstelle

Die große Halle im Obergeschoß
Die große Halle mit Kamin im Obergeschoß

Treppenaufgang zum Turm
Treppenaufgang zum Turm

Kammer mit Ecktürmchen
Kammer mit Ecktürmchen

Blick aus dem Obergeschoß
Blick aus dem Obergeschoß

Eingang zum Earl's Palace
Eingang zum Earl's Palace

Brunnen im Earl's Palace
Brunnen

Der Gang zu den Vorratsräumen
Der Gang zu den Vorratsräumen