Interessante Begegnungen mit der Geschichte Norwegens
Bei unseren Aufenthalten in Norwegen haben wir die Gelegenheit genutzt, einige historische Stätten und Einrichtungen zu besuchen. Diese haben wir versucht zeitlich einzuordnen und mit den aktuellen Kenntnissen zu ergänzen. Auf diese Weise konnten wir winzige Puzzleteile aus der Norwegischen Geschichte mit unseren Erlebnissen verknüpfen.
In der Archäologie wird die europäische Urgeschichte anhand charakteristischer Materialien zur Werkzeug-, Waffen- und Schmuckherstellung in die drei Perioden Steinzeit, Bronzezeit und Eisenzeit gliedert. Zunächst wurden Steine, Holz und Knochen verwendet. Später entdeckte man die Vorzüge von Bronze und Eisen, insbesondere für Werkzeuge und Waffen. Die zeitlichen Übergänge sind fließend und von Region zu Region unterschiedlich. Der Nahe Osten war Mittel- und Südeuropa immer einige Schritte voraus, mit einiger Verzögerung erreichten die neuen Erkenntnisse auch Nordeuropa und Skandinavien.
Die Besiedlung Norwegens begann nach der letzten Eiszeit um 10.500 v. Chr. Zu dieser Zeit war die Westküste bereits eisfrei. Ohne festen Wohnplatz lebten die Menschen als Jäger und Sammler. Erste Werkzeuge bestanden vor allem aus Flint (Feuerstein). Nach und nach gewann der Fischfang an Bedeutung, erste Behausungen aus Schilf und Hölzern entstanden. Die Steinwerkzeuge wurden filigraner, Klingen und Pfeilspitzen effizienter.
Mit der Nutzung von Kupfer und der Legierung von Kupfer und Zinn zu Bronze endete die Steinzeit. Die Bronzezeit in Skandinavien begann um 1800 v. Chr., etwa 400 Jahre später als in Mitteleuropa. Man lernte die Bronze durch den Handel kennen. Gegenstände aus Bronze und auch die Rohmaterialien Kupfer und Zinn wurden importiert, da es in Skandinavien kaum eigene Vorkommen gab. Bernstein galt als begehrtes Tauschobjekt.
Der rote Untergrund der norwegischen Flagge hat seinen Ursprung in der Flagge Dänemarks, dem Dannebrog. Das blaue Philippuskreuz (auch skandinavisches Kreuz genannt) ist an die Verbindung Norwegens mit Schweden und damit auch mit der schwedischen Flagge angelehnt. Die heutige Flagge (die Trikolor) gilt seit 1898. Bis dahin gab es viele Varianten und reichlich Verwirrung:
Von 1380 bis 1814 existierte die dänisch-norwegische Personalunion. 1814 wurde in Kiel der Friedensvertrag zwischen Dänemark einerseits und Schweden und dem Vereinigten Königreich andererseits geschlossen. Norwegen wurde aus der Personalunion mit Dänemark herausgelöst und Schweden zugeordnet. Als Flagge behielt man zunächst den Dannebrog, ergänzt um das Staatswappen, dem Norske Løve, einem Löwen, der die Hellebarde (eine Mischform von Hieb- und Stichwaffe) mit dem krummen Schaft hielt.
Als Basis für die Kriegsflagge diente die schwedische Flagge, die um ein weißes Andreaskreuz im oberen Quadrat ergänzt wurde. 1821 geht als das Jahr der Flaggenverwirrung in die Geschichte ein. Piratenschiffe kaperten norwegische Schiffe, da sie diese nicht von den dänischen unterscheiden konnten oder wollten. Deshalb wurden für bestimmte Gewässer unterschiedliche Flaggen zugelassen, die nebeneinander gültig waren, darunter auch die heutige Trikolore, die damals aber nur für die Nordsee zugelassen war.
Um dieses Dilemma aufzulösen, wurde 1844 eine neue einheitliche Flagge eingeführt, die norwegische und die schwedische Elemente kombinierte. Die Schweden nannte sie Sillsallad (Heringssalat), was den Norwegern natürlich nicht gefiel. 1898 entschied man dann, den "Salat" aufzulösen und kehrte zurück zur „reinen Trikolor“. Diese blieb auch nach der Auflösung der Union mit Schweden erhalten, die am 23. September 1905 im Vertrag von Karlstad vereinbart wurde.
Der Bjarkøykessel wurde in der zweiten Hälfte des 3. Jahrhunderts hergestellt. Er stammt vermutlich von einem Angriff der Germanen auf das Römische Reich um 275 n. Chr. und kam im 4. Jahrhundert nach Bjarkøy auf der Insel Bjarkøya in Nordnorwegen. Dort wurde der Bronzekessel 1894 in einem Moor ausgegraben. Er fasst ca. 250 Liter und ist damit der größte seiner Art in Europa. Es wird angenommen, dass er über viele Jahrhunderte für Opfermahle genutzt wurde und später selbst als Opfergabe diente. In der Eisenzeit war es ein weit verbreiteter Brauch, Opfergaben an Quellen oder Mooren zu hinterlegen. Die Aufnahme des Bjarkøykessels stammt aus dem Historical Center in Trondenes.[3]
Aus der Eisenzeit
In Norwegen wird die "Ältere Eisenzeit" auf einen Zeitraum von 500 v. Chr. bis 550 n. Chr. datiert. Die "Jüngere Eisenzeit" wird unterteilt in die Merowingerzeit (550–800 n. Chr.) und die Wikingerzeit (800–1050 n. Chr.). Eisen besaß gegenüber Bronze den Vorteil, dass es leichter verfügbar war. Allerdings konnten noch keine Temperaturen über 1500°C erzeugt werden, um Eisen vollständig zu verflüssigen. Weich geschmolzene Eisenstücke mussten daher in die gewünschte Form gehämmert werden. Eisen wurde vor allem für Waffen, schwere Werkzeuge und landwirtschaftliche Geräte benötigt. Kessel und persönliche Gegenstände wurden weiterhin aus Bronze gefertigt. Gold und Silber wurde vorwiegend für Schmuck verwendet.
Auf dem Gipfel des Ullandhaug, etwa drei Kilometer vom Zentrum Stavangers entfernt, befindet sich ein rekonstruiertes Gehöft aus der nordischen Eisenzeit. 1967 und 1968 wurden die Überreste ausgegraben, die aus der Zeit von etwa 350–550 n. Chr. stammen. Während der Ausgrabungen wurden zahlreiche neue Erkenntnisse gewonnen, die es ermöglichten, eine Rekonstruktion der Häuser vorzunehmen. Nach dem Abräumen loser Steine wurden die in ihrer Ursprungslage verbliebenen untersten Steinlagen der Außenmauer sichtbar. Sie waren etwa einen Meter dick und in Zweischalentechnik erbaut, d.h. zwischen Schalen aus größeren und kleineren Steinen lag eine Füllung aus unterschiedlich großen Steinen. Die ursprüngliche Höhe der Mauern war etwa 1,50 Meter. Diese Mauern hatten nicht die Aufgabe, das Dach zu tragen, diese Aufgabe übernahmen die Innenpfosten. Reste verbrannter Birkenrinde lassen auf ein Sodendach schließen, ein Dach aus ausgestochenen Rasen- oder Torfstreifen, die über eine wasserdichte Deckschicht aus Birkenrinden gelegt werden. Drei Langhäuser wurden wieder aufgebaut, zwei in einer Länge von etwa 35 Metern und eines von 45 Metern. Auch die Inneneinrichtungen wurden nachgebildet, mit Feuerstellen, Arbeitsplätzen zum Schnitzen, Schmieden, Färben und Weben, Wohn- und Schlafbereichen und eigenen Bereichen für das Vieh. Die Stelle des früheren Brunnens ist noch heute ersichtlich.
Der Beginn der Wikingerzeit wird datiert auf das Jahr 793, dem ersten bekannten Wikingerüberfall auf das Kloster Lindisfarne in England. Das Ende der Wikingerzeit wird mit dem Jahr 1066 in Verbindung gebracht. Harald III. Hardråd, König von Norwegen, starb beim erfolglosen Versuch England zu erobern in der Schlacht von Stamford Bridge. Sein Sohn Olav Kyrre übernahm den norwegischen Thron bis zu seinem Tod 1093. Darauf folgte dessen Sohn Magnus Barfot. Dieser starb 1103 und gilt als der letzte Wikingerkönig.
Ihre Plünderungen führten die Wikinger u.a. nach Flandern (820), Sevilla (844), Paris (845) und Konstantinopel, das heutige Istanbul (860). Auch das Rheinland wurde nicht verschont. Sie überfielen unter anderem die alten Römerstädte Köln (862), Bonn (882), Xanten (864 und 883), Trier (882 und 892) und die Kaiserstadt Aachen (881). Auch zahlreiche Klöster wurden zerstört, einschließlich ihrer Bibliotheken, in denen Schriftsammlungen aus mehreren Jahrhunderten aufbewahrt wurden.
Die Wikinger waren nicht nur brillante Krieger, sondern ebenso exzellente Bauern, Handwerker, Seefahrer und Händler. Sie gründeten viele Städte und Kolonien, darunter Dublin in Irland und die Region Normandie in Frankreich. Zwischen den Jahren 879 und 920 kolonialisierten sie Island, das wiederum zum Sprungbrett für die Kolonialisierung Grönlands wurde. Erik „der Rote“ Thorvaldsson gründete dort die erste skandinavischen Siedlung. Leiv Eiriksson schaffte es um das Jahr 1000 bis nach Nordamerika, 500 Jahre vor Christoph Kolumbus.
Den Wikingern wird gerne nachgesagt, sie hätten Helme mit Hörnern getragen. Diese Art Helme wären im Kampf eher hinderlich, zudem hätte jeder Feind den Helm mit einem Hieb auf die Hörner herunterschlagen können. Die Legende wurde populär durch die Uraufführung von Wagners „Der Ring des Nibelungen“ aus dem Jahr 1876, in der die Nordmänner Helme mit Hörnern trugen. Keine historische Tatsache, sondern lediglich der Fantasie der beteiligten Künstler entsprungen. Sicher ist aber, dass die Wikinger tatsächlich Hörner verwendeten - als Gefäß für Met.
In Norwegen gibt es zahlreiche Museen, die sich mit der Geschichte der Wikinger beschäftigen, zum Beispiel das Trondenes Historical Center. Das Museum zeigt mehr als 2.000 Jahre Geschichte in der Region, von der Jungsteinzeit über Wikingerzeit und dem Mittelalter bis in die Gegenwart.
Tore Hund
Trondenes liegt nördlich des Stadtzentrums von Harstad. Die Region Harstad war einst ein Machtzentrum der Wikinger. Zu den örtlichen Häuptlingen gehörte Tore Hund, einer der bedeutendsten Wikingerhäuptlinge in Nordnorwegen. Er unternahm als Forschungs- und Handelsreisender verschiedene Expeditionen und diente mehrmals in den Streitkräften von König Knut dem Großen, im 11. Jahrhundert Herrscher über ein nordisches Großreich, das England, Dänemark, Norwegen und Südschweden umfasste. Tore Hund war zudem einer der Anführer der Stiklestad-Bauernfraktion, die sich dem norwegischen König Olav II. Haraldson (später Olav der Heilige) entgegenstellte. Er soll zu den Häuptlingen gehört haben, die den König 1030 in der Schlacht von Stiklestad töteten. Die Schlacht von Stiklestad gehört zu den bekanntesten Schlachten der norwegischen Geschichte.
„Schwerter im Berg“ ist ein Denkmal im Zentrum von Hafrsfjord in der Gemeinde Stavanger, geschaffen von dem Bildhauer Fritz Røed aus Bryne und 1983 von König Olav enthüllt. Es erinnert an die Schlacht am Hafrsfjord im Jahr 872, in deren Ergebnis Harald Hårfagre (Harald Schönhaar) erster König des vereinigten Norwegens wurde. Zu sehen sind drei große Schwerter. Sie sind bis zu 9,2 m hoch und drei wikingerzeitlichen Schwerttypen nachempfunden. Das größte Schwert steht für den siegreichen König und die beiden kleineren symbolisieren die unterlegenen Kleinkönige. Das Denkmal ist auch ein Symbol des Friedens, da die Schwerter in den Felsen eingelassen sind, damit sie nie wieder benutzt werden. Das geht zurück auf einen Brauch der Wikinger, in Friedenszeiten die Schwerter in den Boden zu stecken.
Sverd i Fjell - Schwerter im Berg
1874 wurden in Myklebust im norwegischen Ort Nordfjordeid in einem 4 Meter hohen und im Durchmesser 30 Meter großen Grabhügel die Überreste eines Wikingerschiffes ausgegraben. Es wurden große Mengen Bootsnägel und 44 Schildbuckel gefunden. Ein Schildbuckel ist ein kuppelartiges Objekt, das zum Schutz der Faust auf der Vorderseite eines Schildes angebracht wurde. Daraus kann man schießen, dass das Schiff an jeder Seite 22 Schilde besaß und somit auch 22 Ruderlöcher. Geht man davon aus, dass jedes Ruder von zwei Mann bedient wurde, hatte das Schiff eine Mannschaftsstärke von rund 90 Mann. Außerdem wurden Waffen gefunden, mehr als 7.000 Nieten und Nägel, viele Tierknochen und ein Bronzekessel mit den Gebeinen eines Mannes. Holzreste wurden nicht gefunden, aber eine große Menge an Asche.
In den Sagas wird erzählt, dass Audbjørn Frøybjørnsson, König des Königreichs Firda, um 870 im Kampf gegen Harald Hårfagre in Nordmøre, nördlich von Ålesund gefallen sei. Zusammen mit seinem Schiff sei er in Nordfjordeid verbrannt und im Grabhügel "Rundehågjen" begraben worden. Die Sagas wurden erst viele Jahrhunderte später verfasst und basierten auf Geschichten, die wahr oder nicht, ausschließlich mündlich überliefert wurden. Zudem wurden die Texte der Sagas häufig abgeschrieben und dabei verändert. Das führt dazu, dass verschiedene Schriften das gleiche Ereignis beschreiben, aber Unterschiede aufweisen oder sich sogar widersprechen. Es ist nicht sicher, dass der Mann im Grab tatsächlich König Audbjørn ist. Aber es gibt einige Hinweise, die diese Theorie untermauern. Aufgrund der Größe, Lage und Inhalt des Grabhügels kann man davon ausgehen, dass das Grab einem König oder Häuptling gehört haben muss. Anhand der Funde im Grabhügel konnte das Grab in die letzte Hälfte des 9. Jahrhunderts datiert werden. Die am Institut für Anatomie in Oslo im Jahr 1983 durchgeführte Knochenanalyse zeigte, dass die im Bronzekessel gefundenen Knochen Spuren aufwiesen, die auf einen Tod durch Kampfverletzungen hindeuten könnten. Die Knochen stammten von einer gut gebauten männlichen Person zwischen 30 und 35 Jahren.
Der Brauch, das Schiff während der Bestattung zu verbrennen, war im 8. und 9. Jahrhundert typisch für Westnorwegen, und das Grab in Myklebust ist sowohl das größte, als auch das letzte Brandgrab aus der Wikingerzeit. Mit der Einführung des Christentums wurden Brandgräber als ein heidnischer Brauch betrachtet und verboten.
Im Herbst 2016 begann man mit einer Rekonstruktion des Schiffes, das im Frühjahr 2019 fertiggestellt und auf dem Fjord zu Wasser gelassen wurde. Es ist geplant, das Schiff in Zukunft mit einem Segel zu versehen und auf dem Fjord Rudertouren und Segeltörns zu veranstalten. Basierend auf den Funden im Grabhügel beträgt die geschätzte Länge des Myklebust-Schiffes 30 Meter und die Breite 6 Meter, bei einem Gewicht von ca. 16 Tonnen. Es ist somit größer als alle bisher in Norwegen gefundenen Wikingerschiffe. Das Schiff ist zu sehen im Wikingerzentrum Sagastad [1] in Nordfjordeid. Als Besucher kann man das Schiff nicht nur ansehen, sondern auch betreten.
Sagastad bietet viele Informationen zu den Wikingern, u.a. kann man mit einer Virtual-Reality-Brille erkunden, wie Nordfjordeid in der Wikingerzeit ausgesehen haben könnte. Im kleinen Kino läuft ein 20-minütiger Film über das Schiff und die Bestattungsrituale der Wikinger. Wer nicht zeitnah nach Nordfjordeid kommt, kann sich den Film mit dem Titel The Viking Burial auch auf der Webseite von Sagastad ansehen. Ergänzend dazu wird auf der gleichen Seite ein zweiter Film mit dem Titel "Vikingarven" angeboten. Das ist ein Dokumentarfilm, den das Norwegische Fernsehen über den Bau des Myklebust-Schiffs vom Holzeinschlag im Jahr 2016 bis zum Stapellauf im Jahr 2019 gedreht hat. Der Film ist auf Norwegisch, aber auch ohne Fremdsprachenkenntnisse sehenswert.
Aus dem Mittelalter
Mit der Christianisierung ging die Eisenzeit Norwegens ins Mittelalter über. Während in vielen Teilen Europas riesige Kathedralen aus Stein errichtet wurden, baute man in Norwegen ein paar Nummern kleiner und mit Holz. Die Techniken des Holzbaus und die Tradition der Holzschnitzerei haben ihre Wurzeln im Boots- und Hausbau der Wikinger und wurden ständig weiterentwickelt. Es entstanden mehr als 1.300 Stabkirchen, reichlich verziert mit einer Kombination aus christlichen und heidnischen Wikingermotiven, darunter auch Tiere und Drachen. Stabkirchen sind hölzerne Kirchen aus senkrecht stehenden Masten, den sogenannten Stäben, auf denen die gesamte Dachkonstruktion ruht. Die norwegischen Stabkirchen sind die ältesten erhaltenen Holzkirchen des Christentums. Im Jahre 1851 legte ein neues Gesetz fest, dass alle Kirchen genügend Platz bieten müssen, um mindestens 30 Prozent der örtlichen Bevölkerung aufzunehmen. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts waren die meisten Stabkirchen verschwunden und wurden durch neue, wärmere und hellere Kirchen ersetzt. Das massive Holz der Stabkirchen wurde oft in anderen Gebäuden wiederverwendet.
In Trondenes, etwa drei Kilometer nördlich von Harstad, steht eine ganz besondere Kirche, die "Trondenes kirke". Es ist die nördlichste mittelalterliche Steinkirche Norwegens und das nördlichste erhaltene mittelalterliche Gebäude der Welt.
Der Bau begann um 1180, der Chor wurde erst um 1250 fertiggestellt. Zu dieser Zeit wurden auch große Teile des Mauerwerks des Kirchenschiffs bis zu einer Höhe über den Fenstern errichtet. Um 1250 kam es jedoch zu einem Baustopp - vielleicht fehlte es an Geld. So bestand die Kirche 150 Jahre lang aus einem Chor und einem Kirchenschiff ohne Dach. Um 1400 wurde der Bau fortgesetzt.
Kirche von Trondenes
Blick in die Kirche von Trondenes
Die Wände wurden vollständig zugemauert, die große Westfassade wurde errichtet und das Holzdach aufgesetzt. Die Kirche war nun fertiggestellt. Die Glocken der Kirche hingen einst an einem Turm, doch da dieser längst abgerissen wurde, läuten die Glocken heute von einem kleinen Turm auf dem Friedhof.
Auffällig sind die dicken Mauern und die hoch oben positionierten schmalen Fenster. Diese sehen eher aus wie Schießscharten und nicht wie Kirchenfenster. Vom 13. bis zum Ende des 15. Jahrhunderts war Nordnorwegen den Angriffen der Karelier ausgesetzt, eines finnischsprachigen Volkes. Die königliche Macht war weit weg, daher war man darauf angewiesen, sich selbst verteidigen zu können. Aus diesem Grund wurde die Kirche als Verteidigungsanlage konzipiert. Eine Besonderheit sind die drei spätmittelalterlichen Flügelaltare, die in der zweiten Hälfte des 15. und Anfang des 16. Jahrhunderts in einer Lübecker Werkstatt hergestellt wurden. Die Orgel stammt aus dem Jahr 1790 und ist eine der ältesten in Nordnorwegen. Oberhalb der Kirche befindet sich der Laugensee, an dem ab 999 die ersten Christen in der Gegend getauft wurden.
Nach der Legende befahl König Øystein (Øystein Magnusson, Sohn von Magnus Barfot) im Jahr 1114 in Trondenes eine Kirche zu bauen. Funde in der heutigen Trondenes-Kirche deuten darauf hin, dass sich diese erste Kirche an genau der gleichen Stelle befand und dass es sich um eine Stabkirche handelte.
links das Historical Center mit dem Middelaldergård und rechts die Kirche von Trondenes
Wenige Meter neben der Kirche befindet sich der "Trondenes Middelaldergård", ein Bestandteil des Historical Centers.[3] Es ist die Rekonstruktion eines Bauernhofs aus der Zeit um 1200. Grundlage für den Nachbau sind Erkenntnisse archäologischer Ausgrabungen und schriftlicher Quellen. Gezeigt wird das Leben auf einem norwegischen Bauernhof einer durchschnittlich wohlhabenden Fischer- und Bauernfamilie. Die meisten Gebäude wurden von Handwerkern des Sør-Troms Museum in Zusammenarbeit mit der NTNU (Norwegisch Technische und Naturwissenschaftliche Universität, Fachbereich für Traditionshandwerk und technische Bauerhaltung) mit traditionellen Werkzeugen und Bautechniken hergestellt. Durch Rollenspiele und Theaterstücke vermitteln Hausfrau Jorunn, das Dienstmädchen Frøydis und die übrigen Bewohner Einblicke in das Leben und das Arbeiten auf dem Hof.
Im Zentrum der Anlage steht die Årestue (Rauchstube). Der Name kommt von "åre" und bedeutet Feuerstelle ohne Schornstein. Zum Kochen und Heizen entzündete man ein offenes Feuer in der Mitte des Fußbodens im Wohnzimmer. In der Decke befindet sich eine Öffnung, durch die der Rauch abziehen kann. Durch sie fällt auch das Sonnenlicht in den fensterlosen Raum. Die Feuerstelle dient in der dunklen Jahreszeit und in der Nacht als Lichtquelle, zudem gab es einfache Lebertranlampen. Das Wohnzimmer war der zentrale Raum für das Familienleben und zumeist auch der einzige Raum. Hier wurde gekocht und gegessen und geschlafen. Die Wände des Hauses wurden mit einer dicken Torfschicht isoliert, die ganzjährig angenehme Temperaturen ermöglichte.
Ein weiteres wichtiges Gebäude ist die Schmiede, in der die Arbeitsgeräte für den Haushalt und die Feldarbeit hergestellt werden, zum Beispiel Pflüge, Schaufeln, Nägel und Scharniere. Sie wurde in der gleichen Bauweise errichtet wie die Årestue, jedoch ohne die umliegende Torfmauer.
Eine wichtige Aufgabe für die Frauen auf dem Hof war der Leinenanbau. Der Flachs wird während der kurzen Sommersaison angebaut, geerntet, eingeweicht, getrocknet und in einem mühsamen Prozess zu Leinenfäden verarbeitet. Schließlich wurden die Fäden gewebt. Zudem gibt es einen Kräutergarten und eine kleine Weide für das Vieh.
Kong Øysteins Kirke
Die kleine Insel Selja (nördlich von Bergen und südlich von Ålesund) gehört kulturhistorisch zu den wichtigsten Orten Norwegens. Als einer der ersten Bischofssitze war sie schon im Mittelalter ein religiöses Zentrum. Mit dem Kloster und den heiligen Anlagen war es zudem ein wichtiger Ort für Seefahrer auf ihrem Weg nach Norden.
Der Legende nach sollte die irische Prinzessin Sunniva das Königreich ihres Vaters erben. Als ein heidnischer Wikingerhäuptling die gottesfürchtige Prinzessin um 960 zur Heirat zwingen wollte, floh sie zusammen mit ihrem Gefolge auf drei Booten. Ohne Segel und ohne Ruder trieben sie über das offene Meer. Zwei dieser Schiffe landeten auf der Insel Kinn bei Florø und Sunniva mit ihren Begleitern auf Selja. Hoch oben auf dem Berg fanden sie Unterschlupf in einer Höhle. Einige Zeit lang leben sie gut auf der üppig bewachsenen Insel. Dann werden sie beschuldigt, Schafe gestohlen zu haben, die auf der Insel weiden. Der brutale Herrscher Håkon Jarl kommt auf die Insel, um die irischen Eindringlinge zu töten. Sunniva sah das Unheil kommen und betete zu Gott, er möge sie beschützen und die Höhle einstürzen lassen. Und so geschah es. Sunniva und ihre Begleiter sterben unter den Trümmern der einstürzenden Höhle. In den folgenden Jahren wurden von der Insel seltsame Lichter beobachtet. 996 kam der nunmehr christliche König Olav Tryggvason nach Selja und ließ die Höhle öffnen. Man fand wundersam süßlich duftende Gebeine. Der Körper Sunnivas war zwar von den Felsbrocken des Einsturzes bedeckt, aber völlig unversehrt - so, als sei sie gerade eingeschlafen. Olav Tryggvason baute eine Kirche in unmittelbarer Nähe zur Höhle. Sunniva wird zu einer Heiligen ernannt, der ersten und einzigen in Norwegen. Ihre sterblichen Überreste wurden in einem Reliquienschrein auf dem Hochaltar aufbewahrt.
Die Legende der Heiligen Sunniva bildete die Grundlage für die Gründung der norwegischen Kirche und war während des gesamten Mittelalters ein wichtiges Ziel für Pilger, die nach Selja reisten. Zudem war hier von 1068 bis 1170 der Bischofssitz für Westnorwegen. Im September 1170 wurden ihre Reliquien in den Dom von Bergen überführt. Heute ist die Heilige Sunniva die Schutzpatronin von Bergen und Westnorwegen und wacht vor allem über die Seefahrer.
Um 1090 kamen englische Benediktinermönche nach Selja und gründeten das erste Kloster des Landes. Der Bau der gesamten Anlage soll rund 250 Jahre gedauert haben. Die Mönche bauten Kräuter an, brauten Bier, betrieben Landwirtschaft und Handel, pflegten die Kranken in einer eigens dafür gebauten Krankenstation. Direkt hinter der Krankenstation befindet sich die Quelle, deren Wasser heilende Wirkung haben soll. Außerhalb des Klosters gab es ein Gästehaus für Pilger. Das Kloster erlebte seine Blütezeit in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts. Die Anlage muss mit ihren Säulengängen, Bögen und in den Stein gehauenen Ornamenten ein prächtiger Anblick gewesen sein. Eine Animation zeigt das Kloster im frühen 14. Jahrhundert.
Bis zum Einzug der Reformation 1536/37 war das Kloster in Betrieb. Dann wurde es geschlossen, geplündert und letztlich zerstört. Die Steine wurden abtransportiert und für andere Zwecke verwendet. Einzig der 14 Meter hohe Turm der Albanuskirche blieb erhalten. Von den übrigen Gebäuden sind nur noch die Grundmauern sichtbar. Die Höhle der Sunniva ist über eine Treppe zugänglich.
Links zu den Webseiten der Orte, die wir besucht haben:
[1] Wickingerzentrum Sagastad in Nordfjordeid
[2] Eisenzeithof Ullandhaug in Stavanger
[3] Trondenes Historical Center nahe Harstad
[4] Klosterruine Selja