Im nördlichen Teil des bolivianischen Altiplano
Zwischen Titicacasee (Lago Titicaca) und La Paz befindet sich eine der wichtigsten archäologischen Stätten Südamerikas: Tiwanaku (Tiahuanaco). Sie wurde im Jahr 2000 ins UNESCO-Weltkulturerbe aufgenommen. Nur wenige hundert Meter südwestlich befinden sich die Reste der Tempelanlage Puma Punku (Das Tor des Pumas).
Etwa 10 Kilometer vom Stadtzentrum La Paz liegt das kommunale Schutzgebiet "Valle de la Luna" (Mondtal). Es ist eine gigantische Ansammlung von Felsen, Felsspalten, Schluchten und Hügeln, die im Lauf von Jahrtausenden durch Erosion und Klimagegensätze gebildet wurden.
Die Skizze zeigt die Lage dieser drei Orte:
- Nr. 1 Tiwanaku
- Nr. 2 Puma Punku
- Nr. 3 Valle de la Luna (La Paz)
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Tiwanaku ist eine der wichtigsten archäologischen Stätten Südamerikas und wurde im Jahr 2000 ins UNESCO-Weltkulturerbe aufgenommen. Das historische Tiwanaku befindet sich auf einer Höhe von 3.840 Metern, etwa 15 Kilometer südöstlich des Titicacasees und spielt eine entscheidende Rolle in der indigenen Schöpfungsgeschichte:
Bevor es Menschen gab, war die Welt dunkel. Der Schöpfergott Wiraqucha stieg aus dem Titicacasee empor, begab sich in die Gegend von Tiwanaku und erschuf Sonne, Mond, Sterne und danach auch die Menschen und alle anderen Lebewesen. Zu seinen Ehren wurden die Gebäude der heutigen Ruinenstätte errichtet. Die Inkas glaubten später, dass die monolithischen Skulpturen von Tiwanaku dem Schöpfergott als Modelle dienten, um die ersten Menschen zu erschaffen.
Radiokarbondaten zeigen, dass die Stätte um 110 n. Chr. gegründet wurde. Von etwa 375 bis 700 n. Chr. erlangte Tiwanaku große Bedeutung. In ihrer Blütezeit umfasste die Stadt eine Fläche von etwa 4 Quadratkilometer und hatte mehr als 10.000 Einwohner. Die Umgebung könnte von bis zu 400.000 Menschen bevölkert gewesen sein. Dabei wurde eine umfangreiche Infrastruktur aufgebaut, einschließlich eines komplexen Bewässerungssystems, das sich über 80 Quadratkilometer erstreckte. Dadurch wurden Anpflanzungen von Kartoffeln, Quinoa, Mais und anderen Nutzpflanzen ermöglicht. Auf dem Höhepunkt der Tiwanaku-Kultur wurde wahrscheinlich das gesamte Areal um den Titicacasee einschließlich des heutigen Bolivien und Chile dominiert oder zumindest beeinflusst. Sie hatten sogar einen Hafen am Titicacasee.
Das Volk von Tiwanaku stand in enger Verbindung mit der Wari-Kultur, die in der Zeit von etwa 600 bis 1100 n. Chr. entlang der Küstenregion des heutigen Peru existierte. Beide Zivilisationen bedienten sich der gleichen Ikonografie, also der gleichen Symbolik in Bauwerken, in der Kunst oder auf Gegenständen wie Töpfe, Schalen und Vasen.
Noch immer staunt die Wissenschaft über die bemerkenswerte Qualität der Steinbearbeitung. Auf keinem der glatten und perfekt rechtwinkeligen Steine fand man Bearbeitungsspuren, zum Beispiel von einem Hammer oder einem Meisel. Eine Untersuchung in 2019 kam zu dem Schluss, dass die Steine nicht geologisch entstanden sind, sondern aus Geopolymerzement bestehen, wobei das Geopolymer-Bindemittel aus lokaler Biomasse und Guano extrahiert wurde. Die zum Bau verwendeten Steine wurden also nicht aus einem Steinbruch gebrochen, sondern gegossen. In einer Art Massenproduktion wurden Modellsteine mit verschiedenen Motiven angefertigt. Aus diesen standardisierten Bausteinen wurden die Bauwerke puzzleartig zusammengesetzt. Auch die Verwendung von Krampen aus einer Kupfer-Arsen-Nickel-Bronze-Legierung gilt als Innovation, da sie bis dahin in den Anden nicht bekannt war.
Am Ende des ersten Jahrtausends fiel Tiwanaku (ebenso wie Wari) einer Dürreperiode zum Opfer. Diese führte letztlich dazu, dass die Stadt verlassen wurde. Als die Inka das Gebiet erreichten, war Tiwanaku bereits verlassen. In der spanischen Kolonialzeit wurde das historische Areal geplündert und bis ins 20. Jahrhundert als Steinbruch genutzt. Beim Bau der Eisenbahnlinie von La Paz nach Guaqui wurden unzählige Monumentalstrukturen, Statuen und Stelen mit Dynamit gesprengt. Heute steht keiner der Monolithblöcke mehr an seiner ursprünglichen Position, nahezu jede stehende Architektur wurde zerstört. Ende der 1950er und Anfang der 1960er Jahre wurde versucht, Teile der Ruinenstätte zu rekonstruieren. Diese Rekonstruktionen werden von heutigen Archäologen als derart dilettantisch bewertet, dass sie einen völlig falschen Eindruck von der ursprünglichen Architektur vermitteln.
Putuni befindet sich westlich von Kalasasaya und bildet das räumliche Gegenstück zum abgesenkten Tempel von im Osten. Es war der Wohnkomplex privilegierter Bewohner. Zu dieser Annahme führten Funde von Türkissteinen, Kupferspangen, Goldblattschmuck und feiner Keramik. Zudem wurden unterirdische Drainagekanäle gefunden.
Akapana wird fälschlicherweise gerne als Pyramide bezeichnet. Es handelt sich um einen Tempel mit sieben Plattformen. Die Anlage hat eine Grundfläche von ca. 190 x 180 Meter und ist 18 Meter hoch. Es ist kein natürlicher Hügel, die einzelnen Plattformen wurden künstlich angelegt. Jede Ebene wurde mit Sandsteinmauern eingefasst, gefüllt und anschließend verdichtet. Der Haupteingang wurde von schwarzen Chachapumas (Pumamännern) bewacht. Im oberen Teil befinden sich die Überreste eines versunkenen Innenhofs. Auf den verschiedenen Ebenen wurden menschliche Überreste gefunden, offenbar Opfergaben.
Das Sonnentor (Puerta del Sol) ist ca. 3 m hoch und 4 m breit und wurde aus einem einzigen, mehr als 10 Tonnen schweren Stein gearbeitet. Als europäische Entdecker es Mitte des 19. Jahrhunderts wiederentdeckten, lag das Tor waagerecht und hatte einen großen Riss. Er steht heute an der Stelle, die sehr wahrscheinlich nicht der ursprüngliche Standort ist. Sicher ist hingegen, dass es kein isoliertes Werk, sondern Teil eines größeren Gebäudes war. In zentraler Position über dem Durchgang befindet sich Wiraqucha (je nach Schreibweise auch Huiracocha, Wiracocha oder Wirakocha), der Herr der Stäbe oder auch der Schöpfergott genannt wird. Darunter befinden sich kniende geflügelten Kreaturen, deren Blicke auf den Herr der Stäbe ausgerichtet sind. Die untere Reihe zeigt Sonnen, die einen Sonnenkalender darstellen.
Außenmauer des Kalasasaya-Tempels
Treppe und Haupttor zum Kalasasaya-Tempel
Außenmauer des Kalasasaya-Tempels
Im Kalasasaya-Tempel ("kala" = Stein und "saya" = stehen, sinngemäß "Tempel der Stehenden Steine") wurden der Wechsel der Jahreszeiten und das 365-Tage-Sonnenjahr genau überprüft. Im Herbst (21. März) und im Frühling (21. September) ging die Sonne in der Mitte des Haupttores auf, das über eine große Treppe zu erreichen ist. Bei der Wintersonnenwende (21. Juni) ging die Sonne in der nordöstlichen Ecke auf, bei der Sommersonnenwende (21. Dezember) in der Südostecke auf. 2019 wurden im Inneren des Tempels 17 Zeremonialgefäße gefunden, die auf die Zeit zwischen 300 und 600 n. Chr. datiert werden. Es wird angenommen, dass diese Gefäße Teil einer Opfergabe für die Bestattung einer wichtigen Persönlichkeit sind.
Man vermutet, dass der 3 Meter hohe Ponce-Monolith (auch Estela Ponce oder Estela 8 genannt) eine vergöttlichte Autorität oder eine mächtige Persönlichkeit aus Tiwanaku darstellt. Er wurde wahrscheinlich von den Spaniern im 16. Jahrhundert entdeckt, was das auf der rechten Schulter der Figur eingravierte Kreuz belegen könnte, und blieb mehrere Jahrhunderte lang und verschüttet. Der bolivianische Archäologe Carlos Ponce Sanginés entdeckte den Monolith im Jahr 1957 wieder. Nach ihm wurde die Statue benannt. Sie steht heute auf dem Gelände des Kalasasaya-Tempels. Dort befindet sich auch der Fraile-Monolith (auch Estela Fraile oder Mönchs-Monolith genannt). Die Spanier gaben der Figur den Namen El Fraile, weil sie an einen Mönch erinnert, der die Bibel umklammert. In der Mitte des abgesenkten Tempels steht eine 3 Meter hohe Sandsteinskulptur, die einen spirituellen Führer darstellt. Daneben befinden sich zwei kleinere Monolithe.
Der abgesenkte Tempel (templete semisubterráneo, wörtlich "halb-unterirdischer Tempel") belegt eine Fläche von 26 x 28 Metern und ist vermutlich der älteste Monumentalbau in Tiwanaku. Er liegt ca. 2 Meter tiefer als andere Bauwerke. In den Wänden sind 175 unterschiedliche Steinköpfe eingearbeitet. Das heutige Aussehen geht zurück auf die Rekonstruktion zwischen 1961-64 durch den bolivianischen Archäologen Carlos Ponce Sanginés. Mit anderen Worten, die Wände und die Steinköpfe haben vermutlich nichts mehr mit der ursprünglichen Gestaltung der Anlage zu tun. Ziemlich sicher ist hingegen, dass der abgesenkte Tempel und das Kalasasay einen zusammengehörigen Komplex für rituelle Aktivitäten bildeten.>
La Puerta de la Estrella
Ausstellungsstücke aus dem Museo Lítico
Gleich neben den archäologischen Stätten befinden sich zwei interessante Museen. Das Museo Cerámico zeigt keramische Pfundstücke aus den Ausgrabungen und das Museo Lítico enthält zahlreiche Arbeiten, die aus Andesit, Basalt, Sandstein, Diorit und anderen Gesteinen gefertigt wurden, u.a. das Sternentor (Puerta de la Estrella), das aus einem einzigen Block gefertigt wurde und gestufte Schnitzereien enthält.
In einer separaten und wohl temperierten Halle mit exakt fünf Grad Celsius steht der 7,20 Meter hohe und 20 Tonnen schwere Pachamama Monolith. Dort ist der poröse Stein vor Niederschlägen und den ortsüblichen Temperaturschwankungen geschützt. Der Monolith wurde 1932 von Wendell Bennett, einem Archäologen des American Museum of Natura History gefunden und wird daher auch als Bennett-Monolith bezeichnet. Das Fotografieren ist in einigen Räumen der Museen verboten, daher gibt es an dieser Stelle keine weiteren Aufnahmen.
Puma Punku (Das Tor des Pumas) ist eine archäologische Fundstätte, nur wenige hundert Meter südwestlich des Tempels von Akapana. Ähnlich wie Akapana war auch Puma Punku eine Tempelanlage, die auf einem künstlich angelegten Hügel mit Terrassen angelegt wurde. Man fand Fragmente von drei Toren, die eine Reihe gemeinsamer Merkmale mit dem Sonnentor von Tiwanaku haben. Es gibt Vermutungen, dass das Sonnentor ursprünglich ein Bestandteil von Puma Punku war. Vom ursprünglichen Glanz der Anlage ist heute nicht mehr viel übrig, auch Puma Punku ist völlig zerstört. Gut sichtbar sind die "Bausteine", mit in den Anlagen verwendet wurden, zum Beispiel die H-Blöcke und die Ornamentsteine.
Ein liegendes Tor, dahinter H-Blöcke
H-Block mit geometrischen Strukturen im Inneren
Ornamentsteine
Etwa 10 Kilometer vom Stadtzentrum La Paz liegt das kommunale Schutzgebiet "Valle de la Luna" (Mondtal). Man erzählt, dass der Name von Neil Armstrong vergeben wurde, dem ersten Menschen auf dem Mond. Demnach besuchte er einen nahegelegenen Golfplatz. Die Gesteinsformationen erinnerten ihn an die Landschaften des Mondes und so war der Name geboren. Ob diese Geschichte nun stimmt oder nicht, die Bezeichnung "Mondtal" ist doch ein wenig irreführend. Es ist kein wirkliches Tal, sondern eine gigantische Ansammlung von Felsen, Felsspalten, Schluchten und Hügeln, die im Lauf von Jahrtausenden durch Erosion und Klimagegensätze gebildet wurden. Starke Regenfälle und Temperaturschwankungen führen zur Abtragung des Lehmbodens.
Valle de la Luna ©
Der Lehm enthält an verschiedenen Stellen unterschiedliche Mineralien. Diese führen dazu, dass die Felsformationen unterschiedliche Farbtöne aufweisen. Die meisten Formationen sind beige oder hellbraun, andere rötlich bis dunkelviolett. Am Eingang gibt es eine Besucherinformation. Von dort führen zwei Rundwanderwege durch die Mondlandschaft. Im Unterschied zum echten Mond, kann man hier einige wenige Kakteen, die eine oder andere Eidechse oder ein Viscacha entdecken.
Es gibt noch einen anderen Ort mit der gleichen Bezeichnung: das Valle de la Luna im chilenischen Teil der Atacama-Wüste.
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