Kapitel 5 - Das erste Jahr

Ein Zwischenfazit zum ersten Geburtstag unseres großen Terrarium für Grüne Leguane und die Eröffnung des Außengeheges

Erschreckend schnell ging das erste Jahr vorbei. Der Umgang mit dem neuen Terrarium verläuft mittlerweile recht routiniert. Es gab es einige interessante Erfahrungen und Ereignisse, die zu Veränderungen führten oder noch führen werden. Das ist durchaus vergleichbar mit dem Bau eines Hauses. Kaum ist man eingezogen, stellt man fest, dass selbst ein vermeidlich genialer Plan nicht alle Eventualitäten berücksichtigen kann und man beim nächsten Mal einiges anders machen würde.

 


Die Technik

Die Technik hat sich durch alle vier Jahreszeiten hindurch bewährt. Das Ein- und Ausschaltzeiten von Lampen, Heizungen und Teichpumpe funktioniert bestens. Es gab keinerlei Ausfälle oder Störungen. In der Futterküche haben wir einen Heizkörper angebracht, da es dort im Winter zu kalt wurde. Der Heizkörper im Terrarium war korrekt dimensioniert und arbeitete zuverlässig.

Unsere anfängliche Befürchtung, dass die Temperaturen im Winter nicht ausreichend oder durch die Nachtabsenkung zu stark schwanken könnten, war unbegründet. Allerdings mussten wir einige Feinjustierungen für Frühjahr und Herbst vornehmen. In diesen Zeiträumen signalisiert die Heizungsanlage gerne angenehme Außentemperaturen und fährt die Leistung der Heizung entsprechend zurück. Da sich das Terrarium im Keller befindet, ist es dort etwas kühler als im Wohnbereich. Wir haben die Heizungsanlage nun so eingestellt, dass der Terrarienheizkörper auch dann arbeitet, wenn im Wohnbereich keine Heizungsleistung erforderlich ist.

Anregung für die Zukunft: Beim nächsten Großterrarium würde ich den Einbau einer Wandheizung in Betracht ziehen. Diese Systeme werden auf der Wand aufgebracht und verputzt. Als Putz kann auch Lehm verwendet werden. Vorteil: Es gibt keine störenden Heizkörper im Raum, der Lehm verleiht dem Terrarium eine wunderbare Optik und die Frage nach der Wandverkleidung wäre damit ebenfalls gelöst. Ich kann allerdings nicht einschätzen, was das im Fall einer Störung bedeuten würde. Alles wieder aufstemmen um die fehlerhafte Stelle zu suchen?


Die Einrichtung

Die Tapeten halten! Die unteren 50 cm sind ordentlich verdreckt und weisen einige Kratzspuren auf. Oberhalb des Fensters ist eine Stelle, die ab und zu nachgeklebt werden musste. Ansonsten gab es diesbezüglich keine Beanstandungen. Probleme mit Staunässe oder Schimmel hat es nicht gegeben. Die Einrichtung hat sich bewährt und wurde nur marginal verändert. Im Klettergerüst wurden dünnere Äste und solche mit einer eher glatten Rinde durch dickere und rauere ersetzt.

Neue Pflanzen sind oft ..
Neue Pflanzen sind oft ..

... nur ein kurzes Vergnügen
... nur ein kurzes Vergnügen ...

... bei diesen Kletterspezialisten
... bei diesen Kletterspezialisten.

Die Bepflanzung des Terrariums hat sich punktuell verändert. Die Efeututen (Epipremnum pinnatum) haben das erste Jahr erfreulich gut überstanden und wuchern ordentlich. Die beiden großen Fensterblätter (Monstera deliciosa) sind ebenfalls gut gewachsen, werden aber von den Leguanen immer wieder gnadenlos zerrupft. Zahlreiche Äste werden angeknappert, ausgerissen oder abgeknickt und müssen von uns immer wieder aufgerichtet und fixiert werden.


Das ist bezüglich der Pflanzen ein wenig schade, andererseits muss man damit rechnent. Ein Leguan muss sich zwischen der Pflanze und der Terrarienwand hindurch quetschen, obwohl genau dort überhaupt kein Platz ist. Nun muss einer nachgeben: Leguan, Wand oder Pflanze? Der Leguan ist das definitiv nicht, die Wand in der Regel auch nicht. So kam es, dass der beinahe 2 Meter hohe Baumfreund (Philodendron erubescens) nach und nach völlig zerlegt wurde. Die Bepflanzung funktional und optisch aufrecht zu halten, ist und bleibt eine Herausforderung.

Pflanzen werden gerne ...
Pflanzen werden gerne ...

... entsorgt ....
... entsorgt ...

... oder zerlegt
... oder zerlegt

Es hat sich bewährt, 2 bis 3 Meter lange Äste aus dem Kirschbaums im Garten heraus zu schneiden und diese in einen Wasserbehälter (Eimer oder Gießkanne) mitten in das Klettergerüst zu platzieren. Es sieht nicht nur sehr gut aus, es bietet den Leguanen zudem eine naturähnliche Umgebung, vergleichbar der Baumkrone im Regenwald. Die Tiere sind begeistert von neuen Ästen, denn diese bringen frisches Grün und frische Gerüche mit. Nach etwa 2-3 Wochen werden die Blätter langsam braun und fallen ab. Die Äste werden dann durch neue ersetzt.

Frische Äste vom Kirschbaum
Frische Äste vom Kirschbaum

Frische Äste vom Kirschbaum
Frische Äste vom Kirschbaum

Alles wird genau untersucht
Alles wird genau untersucht

Die Bewohner

Wie in Kapitel 4 beschrieben, sind wir mit einer Leguan-Männer-WG gestartet. Die etwa 10 Jahre alten Tiere waren seit 7 Jahren bei uns. Unsere Absicht war, den beiden Jungs (Johannes und Benny)  ein möglichst optimales Umfeld zu bieten, quasi ein Stück Wiedergutmachung für ihre verkorkste Vergangenheit. Nach etwa 8 Wochen der erste Schock. Morgens früh lag Johannes tot im Terrarium. Das war eine der Situation, in der man selbst als vermeidlich abgezockter Tierhalter mit den Tränen zu kämpfen hat. Jahre zuvor hatten wir damit gerechnet, dass so etwas passieren könnte. Aber doch nicht jetzt. Gerade erst in das neue Terrarium eingezogen und jetzt das. Und ausgerechnet Johannes. Er war kräftiger und robuster als Benny, zahmer und, sofern man das sagen darf, der "schönere" von beiden. Auch das Experiment mit dem jungen Pärchen ging schief. Während sich das Weibchen prächtig entwickelt hat, mussten wir das Männchen aufgrund einer chronischen Hauterkrankung frühzeitig aus der Wohngemeinschaft ausschließen. Leider spielte uns das Schicksal einen weiteren bösen Streich. Im Frühsommer 2009 ist auch Benny verstorben. Damit waren unsere Planungen endgültig zerplatzt. Ein geistiger Herzinfarkt. Wir sind gnadenlos gescheitert. Alles aus und vorbei. Hätten wir die beiden doch in ihrem alten Terrarium gelassen. Die beiden haben noch nicht einmal die Sonne genießen dürfen, da zu diesem Zeitpunkt das Außengehege noch nicht fertig war. Was nun? Wie geht es weiter? Geht es überhaupt weiter?

Diese Entscheidung wurde uns recht schnell abgenommen. Bei einem befreundeten Händler wurde eine Leguan-Dame abgegeben, die wir bei uns aufnahmen. Aufgrund ihres etwas pummeligen Aussehens haben wir sie "die dicke Berta" genannt. Sie ist natürlich nicht dick, im Vergleich zu unseren beiden alten Männern allerdings ist diese Bezeichnung durchaus zulässig. Eine wunderbare Bereicherung unseres Terrariums sind die beiden Neuzugänge "Phibie" und "Spike". Phibie ist eine wundervolle Dame und Spike ein gut aussehender und stolzer Mann. Die beiden kamen vor wenigen Wochen aus dem Siegerland zu uns.

Spike
Spike

Phibie
Phibie

Berta
Berta

Mit diesen vier Leguanen wollen wir neu durchstarten und hoffen auf eine langjährige und sorgenfreie Zukunft. Auf weitere negative Schicksalsschläge können wir gerne verzichten. Einige positive Aspekte gibt es dann doch zu berichten. Wie bereits erwähnt, hat sich die kleine Rote prächtig entwickelt. Gäbe es so etwas wie ein Leguan-Top-Model, dann wäre sie eine ganz heiße Kandidatin. Auch die Schildechsen sind putzmunter. Aus ihrer Sicht war der Umzug in das neue Terrarium ein echter Glücksfall. Sie kosten die Bewegungsfreit und die unendlich vielen Versteckmöglichkeiten sichtlich aus.

Die kleine Rote
Die kleine Rote

Die kleine Rote
Die kleine Rote

Nachtruhe
Nachtruhe


Die Heimchenplage

Was passiert, wenn ein Heimchen unbemerkt seine Box verlässt und sich in einem Regenwald-Terrarium ansiedelt? Genau, es bleibt nicht lange alleine. Das Zirpen erreicht nach einiger Zeit eine Lautstärke, die durchaus den Tatbestand der nächtlichen Ruhestörung erfüllen könnte. In diesem Zusammenhang von einer Plage zu sprechen ist sicherlich übertrieben, spiegelt aber durchaus die eigene Gemütslage wider. Zumindest bestand Handlungsbedarf. Wir haben entschieden, asiatische Nachtwächter zu engagieren. Sie hören auf den Namen "Goldgecko" (Gekko badenii). Die nachtaktiven Geckos überwachen das Terrarium am liebsten von den Bambusröhren, die wir Ihnen als Unterkunft montiert haben und von den warmen Leuchtstoffröhren. Sie verrichten einen guten Job, denn es ist merklich ruhiger geworden.


Ab in die Sonne - Das Außengehege

Vor dem Fenster befand sich früher ein schmaler gemauerter Schacht, der mit einem begehbaren Rost abgedeckt war. Die Mauern des Schachts haben wir entfernt und die Grundfläche erweitert. Zur äußeren Begrenzung wurden Pflanzsteine angebracht, die in etwa die Form eines Halbkreises um das Fenster bilden. Darauf wurden weitere 5 Reihen aufgebaut. Jede neue Reihe ist um einige Zentimeter nach außen versetzt. So entstand ein stufenförmiger Aufstieg, der aus dem Keller heraus in den Garten führt. Die Pflanzsteine sind mit Erde aufgefüllt und bepflanzt, wobei sich die Bepflanzung beinahe von selbst erledigte. Wilde Erdbeeren haben bereits ein Drittel überwuchert und werden sicherlich in ein bis zwei Jahren alle noch freien Stellen abdecken. Die Pflanzsteine wurden vorsichtshalber am oberen Rand abgeschliffen um scharfe Kanten zu vermeiden. Zum Auf- und Abstieg nutzen die Leguane fast ausschließlich das im Innenraum angebrachte Klettergerüst. Im Garten haben wir einen Volieren-artigen Aufbau angebracht. Insgesamt steht den Leguanen ein Bewegungsraum von 1,70m x 3,10m bei einer Höhe von ca. 2,10m zur Verfügung. Eine größere und vor allem höhere Außenanlage ist aufgrund der baulichen Gegebenheiten nicht möglich. Erschwerend gilt es zu berücksichtigen, dass Nachbarhäuser, Gartenmauern und angrenzende Bäume die Sonneneinstrahlung einschränken. Wir wollten aber unbedingt erreichen, dass unsere Leguane echte Sonne genießen können, quasi ein Stück Lebensqualität, die selbst die besten und teuersten Lampen nicht annähernd bieten können. Daher haben wir uns entschlossen auf Glas bzw. Plexiglas zu verzichten und ausschließlich Gitterelemente zu verwenden, damit jeder einzelne Sonnenstrahl ungehindert einwirken kann.

Außengehege
Noch ist der Ausgang versperrt.

Ausflug beendet
Ausflug beendet

Auch die Schildechse kommt wieder rein
Auch die Schildechse kommt wieder rein


Es entstand ein Käfig-artiger Aufbau in unserem Garten, der sicherlich keinen Architekturpreis erringen wird, aber voll und ganz seinen Zweck erfüllt. Neben den 17m² Innenraum stehen nun weitere 5m² zur Verfügung. Je nach Wetterlage öffnen wir das Fenster oder es bleibt verschlossen. Bei geöffnetem Fester können sich die Leguane zwischen Innen- und Außenanlage frei bewegen.

Der Bau des Außenbereichs war ein kostengünstiges Unterfangen und wir konnten alles in kurzer Zeit und in Eigenleistung erledigen. Die äußeren Begrenzungen bestehen aus fertigen grünen Zaunelementen, die wir mit einem Maschendraht überzogen haben. Mehr als 700 Kabelbinder wurden angebracht um diese Konstruktion ausbruchsicher zu gestalten. Eine sinnvolle Investition, denn die ersten Aufenthalte nutzen die Leguane ausschließlich zu Prüfzwecken. Die Aufgabenstellung hieß vermutlich: Wer findet die Lücke? Alle Leguane haben systematisch jeden Zentimeter untersucht und versucht, die Befestigungen mit der Nasenspitze einzudrücken oder zur Seite zu schieben. Mittlerweile haben sie diese Untersuchungen eingestellt. Sie scheinen eingesehen zu haben, dass keine Lücke vorhanden ist.

Wann geht das Fenster auf?
Wann geht das Fenster auf?

Sonne genießen
Sonne genießen

Der neue Lieblingsplatz
Der neue Lieblingsplatz


Das ganze Konstrukt ist aus der Sicht eines Leguans schon ein wenig dubios. Er kommt aus dem Keller, geht nach oben in die Sonne und erspäht im Hintergrund verlockende Bäume, die ihn noch weiter nach oben bringen können. Diese bleiben aber unerreichbar. Schade für ihn, gut für uns. Richtig verworren wird die Situation am Abend. Was macht ein Leguan bei einsetzender Dunkelheit? Er orientiert sich nach oben um einen Schlafplatz aufzusuchen. Bei uns ist folgende groteske Situation aufgetreten: Während es draußen lange hell und warm ist, schaltet im Terrarium die Beleuchtung ab. Die Leguane müssen also zum Schlafen nach unten und dazu noch ins Dunkle. An den ersten Abenden mussten wir die Leguane "pflücken" und nach unten bringen. Sehr schnell entwickelte sich ein interessantes Rollenspiel, das man als "guter Pfleger, böser Pfleger" bezeichnen könnte. Wer das Fenster öffnet, wird freudig erwartet und zum "guten Pfleger" ernannt. Wer abends die Tiere einsammelt, wird entsprechend unwirsch empfangen und muss schon Mal mit Gegenwehr rechnen. Meist bleibt es allerdings bei Drohgebärden oder kleineren Kratzern. Aber auf Dauer macht das wenig Sinn, folglich mussten wir umorganisieren. Die Beleuchtung im Terrarium orientiert sich nun an der Tageshelligkeit, bleibt also so lange eingeschaltet, dass es einen spürbaren Helligkeitsunterschied zwischen Innen und Außen gibt. Das hat sich zwischenzeitlich gut eingespielt. Sobald es draußen etwas kühler wird, gehen die Leguane aus sich heraus in das helle und warme Terrarium um dort ihre gewohnten Schlafplätze aufzusuchen. Mittlerweile macht sich auch die ein oder andere Schildechse auf den Weg in die Sonne.

Im Juni wurde es richtig knackig warm. Selbst nachts blieben die Temperaturen deutlich über 20 Grad. Eines Abends bekundeten die beiden großen Leguandamen mal wieder keinerlei Interesse ins Terrarium zurückzukehren und legten sich im Außengehege zur Ruhe. "Also gut" dachten wir "dann bleibt halt draußen". Das Fenster wurde geschlossen, um den Geckos die Chance auf eine externe Nachtwanderung zu nehmen. Leguane einsammeln kann schon anstrengend sein, aber Geckos im Außengehege jagen, erschien uns wenig aussichtsreich.

Noch nie hatten unsere Leguane im Freien übernachtet. Vermutlich wird die überwältigende Mehrheit aller in Deutschland gehaltenen Leguane auch keine Gelegenheit dazu haben. Es war allerdings auch für uns eine neue Erfahrung. Wie würden sie reagieren, wenn es zu regnen beginnt? Oder falls sich eine Katze nähern sollte? Oder die Grilldüfte von Nachbars Gartenparty noch intensiver werden? Vermutlich waren wir nervöser als die Leguane, vergleichbar mit Eltern, deren Kinder zum ersten Mal über Nacht wegbleiben. Alle Gedankenspiele waren letztlich völlig unnötig. Die Leguane haben das gemacht, was sie immer nachts tun. Sie haben geschlafen! Als wir am Morgen das Licht in der Futterküche eingeschaltet haben, hatten sie es ziemlich eilig um herein zu kommen. Eines haben sie sich wohl doch gemerkt: Frühstück gibt es drinnen.

In der Sonne
In der Sonne

In der Sonne
In der Sonne

In der Sonne
In der Sonne


Grüne Leguane werden gerne als klassische Regenwaldbewohner bezeichnet. Sie kommen aber auch in Trockengebieten zurecht, wie zum Beispiel auf den Karibikinseln oder im Norden von Venezuela. Eine mittlere Tagestemperatur von 30-35 Grad, mit Spitzen von über 40 Grad und eine Nachttemperatur von 20-26 Grad sind charakteristisch (vgl. Michael Schardt, Frank Mutschmann, Heiko Werning: "Grüne Leguane" (Seiten 71 bis 73), Natur und Tier - Verlag 2009).

Anfang Juli herrschten in unserem Außengehege Temperaturen von mehr als 37 Grad. Da Leguane nicht schwitzen, ziehen sie sich zurück, sofern es ihnen zu warm wird. Etwas Abkühlung erreichen sie durch Aufsperren des Mauls, was die Bilder eindrucksvoll belegen. Spannend wurde es, als das erste Hitzegewitter aufzog. Den einsetzenden Regen haben die Leguane offensichtlich genossen, aber nach den ersten kräftigen Donnerschlägen haben sie sich dann doch zurückgezogen.