Chamaeleo calyptratus
Die Jemen-Chamäleons stammen von der arabischen Halbinsel. Ihr Verbreitungsgebiet erstreckt sich parallel zum Roten Meer vom Südwesten Saudi-Arabiens bis zum westlichen Teil Jemens. Es sind zwei Unterarten beschrieben. Chamaeleo calyptratus calcarifer lebt im nördlichen Verbreitungsgebiet und ist etwas größer und kräftiger als Chamaeleo calyptratus calyptratus im südlichen Verbreitungsgebiet. Die Chamäleons decken sehr unterschiedliche Lebensräume ab, sie sind sowohl in den eher trockenen und vegetationsarmen Hochebenen als auch in den vegetationsreichen Berghängen mit zum Teil subtropischem Klima zu finden.
Die Männchen können eine Größe von bis zu 60 cm erreichen, die Weibchen sind mit rund 45 cm etwas kleiner. Die Lebenserwartung der Jemen-Chamäleons ist mit 5 Jahren (Männchen) und 3 Jahren (Weibchen) im Vergleich zu anderen Reptilien recht gering.
Terrarienhaltung und Ernährung
Wir halten die Jemen-Chamäleons einzeln. Nur zu Paarung setzen wir jeweils ein Weibchen und ein Männchen zusammen. Jedes Tier bewohnt ein hochformatiges Terrarium. Anfangs nutzten wir Glasterrarien aus dem Handel, wir sind aber schnell dazu übergegangen, eigene Unterkünfte für die Tiere zu bauen. Als Grundmaterial nutzen wir Holz (OVB-Platten). Die Grundfläche ist 60x60cm bei einer Höhe von 200cm. Ein enormer Vorteil gegenüber den Glasterrarien ist die Möglichkeit der individuellen Anpassung bezüglich Größe, Sichtbereiche, Belüftung und dem Anbringen der Beleuchtung. Zudem besteht die Möglichkeit große Pflanzen einzustellen, die z.B. eine Baumkrone simulieren. Darin können die Tiere sich gut bewegen und verstecken.
Da Chamäleons nicht aus Wassernäpfen trinken, sondern die Feuchtigkeit von Blättern ablecken, dient das Blätterwerk quasi als "Trinkgefäß". Wir haben auch die im Handel angebotenen Wasserspender getestet, allerdings mit mäßigem Erfolg. Einige Tiere haben sie (wenn auch selten) genutzt, andere überhaupt nicht. Letztlich tropfte das Wasser in den Topf der Pflanzen, womit die Wasserspender zumindest ihren Anteil an der Versorgung der Pflanzen beitragen konnten.
Die Ernährung der Jemen-Chamäleons ist recht einfach. Wir füttern neben Heuschrecken und Fliegen häufig die Insekten aus unserer eigenen Zucht, insbesondere Stabschrecken. Je nach Größe der Chamäleons bieten wir die geeignete Größe der Futtertiere an. Man benötigt keine Futterschalen, denn die Futtertiere können und sollen sich frei im Terrarium bewegen. Die Chamäleons sind exzellente Jäger. Sie können die beiden Augen unabhängig voneinander bewegen. Die Bestimmung der Entfernung erfolgt über die Schärfe des wahrgenommenen Objekts. Um ein Beutetier zu fangen, wird die Zunge blitzartig aus dem Maul geschleudert. Das leicht keulenförmige Ende der Zunge fixiert die Beute. Anschließend wird die Zunge ins Maul zurückgezogen. Dabei werden die Augenlider geschlossen und die Augäpfel in den Schädel zurückgezogen. Auf diese Weise werden die Augen vor Verletzungen geschützt, z. B. durch schwere und wehrhafte Beutetiere.
Geschlechtsunterschiede
Adulte männliche Jemen-Chamäleons sind deutlich größer als die weiblichen Tiere, auch der Helm der Männchen ist wesentlich größer. Er kann in etwa die doppelte Größe der weiblichen Helme erreichen. Am einfachsten sind die männlichen Tiere an ihren Fersenspornen an den Hinterfüßen zu erkennen. Dieser Sporn ist schon bei den frisch geschlüpften männlichen Jungtieren zu erkennen.
Farbenspiele
Jemen-Chamäleons nutzen die Färbung zur Kommunikation. Die Farbliche Anpassung an die Umgebung spielt nur eine untergeordnete Rolle. Die Färbung ist vielmehr ein Ausdruck der aktuellen Stimmungslage, zum Beispiel Erregung, Imponieren, Furcht oder Respekt. Die Weibchen besitzen zudem die Fähigkeit, ihre Paarungsbereitschaft zu signalisieren bzw. ihre Gravidität (Trächtigkeit) anzuzeigen.
Eiablage und Inkubation
Jungtier kurz vor den Schlüpfen
Jungtier kurz nach den Schlüpfen
Jungtier kurz nach den Schlüpfen
Wir setzen die adulten Tiere nur zur Paarung zusammen. Nach einer Trächtigkeit von 25-40 Tagen werden 30-50 Eier abgelegt. Die Weibchen legen großen Wert auf einen geeigneten Ablageplatz. Häufig graben sich die Tiere probeweise ein, um die Qualität des Ablageplatzes zu testen. Sollten sie keinen Platz finden, kann das aufgrund der Legenot zum Tod des Weibchens führen. Bei uns hat sich eine große Tonne bewährt, die mit lehmhaltigen Spielzeugsand gefüllt wird.
Hat das Weibchen einen geeigneten Ablageplatz gefunden, gräbt es sich komplett ein. Nach der Ablage kommt sie wieder nach oben und verschließt die Grabungsstelle sorgfältig. Vergleichbar mit einer archäologischen Ausgrabung wird der Sand vorsichtig Millimeter für Millimeter abgetragen um die Eier aufzufinden. In diesem konkreten Fall waren sie ca. 23 cm tief eingegraben. Das frische Ei hat noch eine sehr weiche Schale, die sich aber relativ schnell festigt.
Die Eier werden vorsichtig aus der Ablagevorrichtung herausgenommen und in ein vorbereitetes Behältnis, z. B. eine Heimchendose mit angefeuchtetem Vermiculite gelegt. Anschließend werden die Eier mit trockenem Vermiculite leicht abgedeckt. Von jedem Ei bleibt ein kleines Stück sichtbar. Das erleichtert die Kontrolle während der Inkubation. Zuletzt werden die Behältnisse verschlossen und beschriftet mit dem Datum der Eiablage und der Anzahl Eier pro Behältnis.
Bewährt hat sich eine Inkubationstemperatur von 25 bis max. 30°C. Abhängig von der Substratfeuchte und der Temperatur liegt die Inkubationszeit zwischen 180 und 220 Tagen. Die Jungtiere können in den ersten Wochen gemeinsam in einem großen Terrarium mit dichter Bepflanzung untergebracht werden. Das erleichtert die Pflege erheblich. Empfohlen wird aber, die Jungtiere später zu trennen und einzeln groß zu ziehen. Wir ernähren die jungen Chamäleons mit Fruchtfliegen (Drosophila), Mikroheimchen, Buffalos und kleinen Stabschrecken.
Oskar oder die Geschichte einer Chamäleondame
Über einen Zeitraum von mehr als 3 Jahren haben wir das Schlüpfen und die Aufzucht junger Jemen-Chamäleons in Form eines Tagebuchs dokumentiert, darunter auch ein weibliches Jungtier namens Oskar. Erfahren Sie, warum sie Oskar genannt wurde, wie die Jungtiere aufgewachsen sind und was aus ihnen wurde.
Die Vorgeschichte
Paarung
Bis zum 28.08.2004 wurden die beiden Chamäleons in getrennten Terrarien aufgezogen. Dann durfte die Chamäleon-Dame erstmals Ihren männlichen Partner besuchen und gleich ging's zur Sache. In den folgenden Wochen wurden die Besuche mehrfach wiederholt. Das Weibchen wurde trächtig. Anfang Januar 2005 konnte man die Eier gut erkennen. Langsam machen wir uns Sorgen, denn es wird Zeit, die Eier abzulegen. Legenot kann bei Reptilien zu einem ernsten Problem werden und ggf. zum Tod führen, wenn kein geeigneter Ablageplatz gefunden wird. Wir haben eine größere Tonne mit lehmhaltigem Sand vorbereitet. Dieser Sand ist ein wenig feucht und zum Graben hervorragend geeignet. Bis auf einige Probe-Grabungen hat es aber keine ersthaften Ablageversuche gegeben.
15.01.2005 - Die Eiablage
erschöpftes Weibchen nach der Eiablage
Wir haben uns entschieden ein wenig Geburtshilfe zu leisten. Wir nutzen einen Trick, den wir von professionellen Tierpflegern übernommen haben. Das Weibchen kommt in die Tonne und die Tonne wird mit einem Deckel abgedeckt. In der Tonne ist es jetzt dunkel, das Tier befindet sich quasi unter der Erde. Der Trick klappte. Von außen konnten wir schon wenige Minuten später hören, dass sie zu graben begann, stets an der Außenseite der Tonne. Nach wenigen Stunden saß sie wieder auf dem Sand, von den Grabungen war überhaupt nichts mehr zu sehen. Lediglich ihr Äußeres verriet uns, dass nun alles erledigt war: Sie war sehr dünn, erschöpft und hatte noch recht viel Sand an Kopf. Wir setzen sie zurück in ein Einzel-Terrarium, gaben ihr mit einer Pipette zu trinken und gönnten ihr ein wenig Ruhe.
Vorsichtig schabten wir Millimeter um Millimeter des Sandes aus der Tonne. In einer Tiefe von etwa 15cm fanden wir schließlich 35 Eier. Jedes Ei wurde einzeln mit einem kleinen Plastiklöffel aus der Tonne herausgenommen und in die Inkubationsbehältnisse gelegt. Dazu verwenden wir Heimchendosen mit angefeuchtetem Vermiculite. Anschließend werden die Eier mit trockenem Vermiculite bedeckt. Von jedem Ei bleibt ein kleines Stück sichtbar. So können wir frühzeitig erkennen, wenn ein Ei einfällt bzw. schimmelt und es entfernen, bevor andere Eier befallen werden. Die Heimchendosen werden anschließend verschlossen und beschriftet. Wir merken uns das Datum der Eiablage und die Anzahl Eier je Behältnis. Die Temperatur des Inkubators haben wir auf 27 Grad eingestellt. Hoffentlich haben wir alles optimal vorbereitet. Wir wünschen uns, dass viele Jungtiere schlüpfen. Gemäß den Angaben in der Literatur dauert die Inkubation zwischen 180 und 220 Tagen, also ein guten halbes Jahr.
Die Eier lagen 15 cm tief
10.06.2005 - Ein weiteres Gelege
Heute haben uns die Chamäleons mit einem weiteren Gelege mit 45 Eiern erfreut. Im Vergleich zum Januar erfolgte die Eiablage völlig reibungslos. Als wir erkannt haben, dass das Weibchen wieder Eier austrägt, haben wir die Ablagetonne eingerichtet und bereitgestellt. Nur wenige Tage später hat sie die Eier gelegt, ohne unsere Mithilfe und ohne Deckel.
Chamäleons scheinen perfekte Mathematiker zu sein. 9 Eier passen in eine Heimchendose. 45 Eier, geteilt durch 9 ergibt genau 5 Dosen (für Nicht-Mathematiker: ohne Rest!). Im Inkubator wird es langsam eng. Auf der linken Seite sind die insgesamt 6 Dosen mit dem Gelege vom Januar zu sehen, rechts sind die 5 Dosen mit dem neuen Gelege.
24.06.2005 - Das erste Jungtier ist da
Das erste von hoffentlich vielen kleinen Chamäleons ist da! Es stammt aus dem Gelege vom 15.01.2005 und benötigte 160 Tage. Der keine Sprinter ist also schneller als die Angaben in der Fachliteratur verlauten lassen. Aber das bedeutet nichts. Die Angaben sind Richtwerte. Schon ein kleiner Temperaturunterschied kann die Inkubationsdauer beeinflussen. Wir freuen uns jedenfalls und warten ungeduldig auf die Geschwister.
30.06.2005 - Zwei weitere Jungtiere
noch recht erschöpft
Vor drei Tagen ist Nummer 2 geschlüpft. Der Akku der Kamera hat uns im Stich gelassen, somit gibt es von Nummer 2 kein Foto. Das ist aber nicht so wichtig. Hauptsache ist, das Tier ist da und gesund.
Heute, beinahe eine Woche nach dem Erstgeborenen schlüpfte Nummer 3. Der Akku ist auch wieder fit, demnach gibt es auch ein Bild. Das Jungtier ist noch sichtlich erschöpft, wird sich aber in wenigen Minuten erholen.
03.07.2005 - Die nächsten zehn Jungtiere
Am 01., 02. und 03. Juli haben gleich 10 weitere Jemen-Chamäleons ihre Eier verlassen. 5 von ihnen sind beinahe gleichzeitig geschlüpft. Ein beeindruckendes Bild, wenn sie versuchen, die Inkubaktionsbox zu verlassen.
07.07.2005 - Nummer 14 ist da
Es blieb lange ruhig im Inkubator. Drei endlos lange Tage ohne ein weiteres Jungtier sind nun vorbei. Nummer 14 schlüpft am 14. Tag, sicherlich ein gutes Omen. Allerdings mussten wir ihn ein wenig unterstützen und halfen ihm vorsichtig, die Eihülle abzustreifen. Noch deutlich zu erkennen ist der Dottersack, der wenige Augenblicke später abfiel.
16.07.2005 - Weitere Neuzugänge
In den vergangenen Tagen sind 13 weitere Jemen-Chamäleons geschlüpft. Insgesamt sind es nun 27. Von den ursprünglich 35 Eiern hatten wir zwischenzeitlich 5 entfernt, 3 sind noch im Inkubator.
31.07.2005 - Keine weiteren Jungtiere
2 Wochen nachdem das letzte Jungtier schlüpfte, ist jetzt klar, dass keine weiteren Jungtiere mehr folgen. Zwischen dem Erst- und dem Letztgeborenen liegen 23 Tage, der Größenunterschiede zwischen den beiden ist enorm. Wir trennen die Jungtiere in zwei Gruppen.
Die größeren und kräftigeren Tiere erhalten ein eigenes Terrarium, die kleineren und eher jüngeren Tiere verbleiben im aktuellen Terrarium. Durch diese Trennung können wir jetzt die Nahrung besser auf die Tiere abstimmen. In der Gruppe der größeren Chamäleons werden bereits kleine Heuschrecken erfolgreich gejagt, während die kleineren Tiere noch mit jungen Stabschrecken versorgt werden. Zudem haben die kleinen Chamäleons jetzt weniger Stress, da ihnen die großen Geschwister nicht mehr die Nahrung streitig machen.
01.10.2005 - Eine wichtige Entscheidung
Nach 100 Tagen ziehen wir ein Zwischenfazit. Die jungen Chamäleons haben sich prächtig entwickelt. Nach und nach haben wir die Jungtiere abgegeben, bevorzugt die kräftigen und futterfesten Tiere.
Ein Jungtier ist auffallend klein. Es scheint, als sei dieses Chamäleon seit seinem Schlupf überhaupt noch nicht gewachsen. Einmal konnten wir eine Häutung beobachten, aber ein auffallendes Wachstum, vergleichbar zu den Geschwistern war nicht ersichtlich. Für ein 3 Monate altes Chamäleons war es wirklich auffallend klein. Wir haben ihm den Namen Oskar gegeben, eine Anspielung auf den kleinen Blechtrommler, der sich ebenfalls erfolgreich weigerte zu wachsen. Und wir haben eine weitere Entscheidung getroffen. Oskar wird nicht abgegeben, sondern bleibt bei uns.
20.12.2005 - Die zweite Gruppe ist da
In den letzten Tage sind die Jungtiere aus dem zweiten Gelegen vom 10.06.2005 geschlüpft. Oskar ist noch immer nicht gewachsen und so vermuten wir, dass die Neuankömmlinge Oskar bald eingeholt haben.
08.03.2006 - Abschied von den Jungtieren
Jungtier bei der Häutung
Wie schon nach dem ersten Gelege haben wir die kleinen Chamäleons abgegeben. Noch immer ist dies ein etwas trauriger Moment. Andererseits ist das ein richtiger und wichtiger Schritt. Die kleinen Calyptraten werden immer eigenständiger und beanspruchen ihre eigenen Territorien. Erfahrungsgemäß wachsen sie recht schnell, sobald sie getrennt aufgezogen werden. Also viel Glück, Jungs und Mädel. In etwa einem Jahr werdet ihr selbst für Nachwuchs sorgen.
10.10.2007 - Was ist eigentlich mit Oskar?
Zur Erinnerung: Oskar ist der Winzling aus dem ersten Gelege, der partout nicht wachsen wollte. Zwischenzeitlich ist Oskar gewachsen, und wie! Oskar ist übrigens ein Mädel. Sie ist zu einem stattlichen Weibchen geworden und hat ihrerseits bereits für reichlich Nachwuchs gesorgt. Das rechte Bild zeigt eines ihrer ersten Kinder.
22.10.2008 - Ein trauriger Tag in DahmsTierleben
Heute ist Oskar gestorben. Etwa 10 Tage lang hat sie jede Nahrungsaufnahme verweigert und nur ein wenig Wasser aus einer Pipette aufgenommen. Zunächst wollte sie nicht wachsen, dann aber ging alles ganz schnell. Als adultes Weibchen hat sie mehr als 100 Jungtiere zum Leben verholfen. Sie wurde drei Jahre und 4 Monate alt. Ein trauriger Moment, sie wird uns fehlen.